Wien - Der ehemalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser musste zuletzt laut eigener Steuererklärung mit einem bescheidenen Einkommen sein Auslangen finden. Laut dem vom Magazin "News" am Mittwoch vorab veröffentlichten Steuererakt meldete Grasser 2009 ein Jahreseinkommen von 13.520,20 Euro, seine Steuerleistung betrug 919,87 Euro. Im Jahr 2008 beliefen sich Grassers Einkünfte aus selbstständiger Arbeit auf knapp 24.000 Euro, abzüglich Werbungskosten sinkt der Gesamtbetrag der Einkünfte auf rund 17.000 Euro. Seine Steuer vor Abzug der Absetzbeträge reduzierte sich auf ganze 2.700 Euro.

Zum Vergleich: Grasser soll für sein Penthouse im Wiener 1. Bezirk, das er sich Medienberichten zufolge teuer ablösen will, mehr als 20.000 Euro Monatsmiete zahlen.

Und das ist auch kein Vergleich zu den Einkünften, die Grasser vor und während seiner Amtszeit als Minister unter dem damaligen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) hatte. Im Jahr 2000 gab Grasser für seine Tätigkeit beim Magna-Konzern von Jahresbeginn bis zu seiner Angelobung als Finanzminister am 4. Februar Bruttobezüge von 259.201,83 Euro an. Als Minister bekam er für den Rest des Jahres Bruttobezüge von 186.839,75 Euro. Während seiner Ministerzeit hatte er dann zwischen 207.203 Euro (2001) und 219.055 Euro Bruttoeinkünfte, berichtet "News".

Nach 2007 sinkt Einkommen rapide

2007 (Grasser schied am 11. Jänner als Finanzminister aus und erhielt dem Bericht zufolge sein Ministergehalt bis Ende März) beliefen sich Grassers Bruttobezüge nur mehr auf 43.152 Euro. Laut Einkommensteuerbescheid 2007 lag sein Jahreseinkommen letztlich bei 29.524,35 Euro, weil Werbungskosten und ein Veranlagungsfreibetrag abgezogen wurden.

Die Finanz hege nun "den konkreten Verdacht einer Abgabenhinterziehung bezüglich Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Kapitalertragssteuer", heißt es dem Bericht unter Bezugnahme auf die Akten. Grasser werden dabei "in Steueroasen angesiedelte Rechtssubjekte" - aufgezählt werden etwa die Silverland Stiftung, die Levesque Holding und die Gemain Limited - zugerechnet, bei denen der Verdacht bestehe, dass Grasser diese Firmen "faktisch" kontrolliere. Seit über einem Jahr läuft ein Finanzstrafverfahren gegen Grasser. Für Grasser-Anwalt Manfred Ainedter ist der Vorwurf der Steuerhinterziehung "Blödsinn", wie er im Ö1-"Mittagsjournal" sagte. Alles, was es in Österreich zu versteuern gegeben habe, sei auch hier bezahlt worden.

Millionenvermögen in Liechtenstein vermutet

Die Grassersche Steuererklärung in Österreich heißt aber nicht, dass der Ex-Finanzminister nicht wohlhabend wäre. Grassers Vermögensverhältnisse und Geldströme sind eng mit Julius Meinl V. verbunden. Schließlich hat er nach seiner Zeit als Finanzminister für die Meinl International Power (MIP) gewirkt. Er wurde Chairman und Drittel-Eigentümer (den Rest hielt die Meinl Bank) der MPM, der Managementgesellschaft der "Meinl International Power" (MIP), die im August 2007 mit Zertifikaten an die Wiener Börse ging. Die MIP wurde gegründet, um Energie-Investments im CEE-Raum, Russland und der Türkei zu tätigen. Wenige Monate nach seinem Ausscheiden aus der Regierung agierte Grasser als Aushängeschild der MIP und warb eifrig um große und kleine Anleger.

Nachdem der Banker Julius Meinl V. im April 2009 kurzzeitig in Untersuchungshaft genommen worden war, kündigte Grasser seinen Rückzug bei der MIP an - trotz seiner Hochachtung für Julius Meinl, wie er damals betonte. Grasser will sein Millionenvermögen - er soll rund neun Millionen Euro in Liechtenstein haben - durch diese knapp zweijährige Tätigkeit bei der MIP erworben haben.

Steuerexperte sieht mögliche Abgabenhinterziehung

Da der Finanzminister mit der MIP Millionen verdient hat und in Österreich dennoch so wenig Steuer gezahlt hat, stellt sich für den Steuerrechtsexperten Werner Doralt die Frage der korrekten Versteuerung. Korrekt wirke diese nicht, wenn die Beratungsleistung in Österreich erbracht worden sei für einen österreichischen Leistungsempfänger, sei dies auch in Österreich steuerpflichtig, wird er von Ö1 zitiert.

Grasser-Anwalt Manfred Ainedter sieht in der veröffentlichten Steuerakte von Grasser hingegen einen "weiteren Fall von Amtsmissbrauch". Der Bericht sei "unseriös, unvollständig und schlecht recherchiert", eine Klage sei in Vorbereitung. Es handle sich bei dem Artikel um einen "Sturm im Wasserglas". Grasser habe jedenfalls "erhebliche Beträge" an Steuer gezahlt, erinnerte Ainedter daran, dass für GmbHs Körperschafts- und Kapitalerstragssteuer anfallen, während es in dem Bericht des Magazins lediglich um die Einkommenssteuer gegangen sei. (red/APA, derStandard.at, 29.2.2012)