Madrid - Kaum ist das griechische Sparpaket geschnürt, pfeift Spanien auf seinen Konsolidierungspfad. "Das Defizitziel für 2012 ist 5,8 Prozent", kündigte der konservative Regierungschef Mariano Rajoy just nach EU-Gipfel an. Das ist ein doppelter Salto rückwärts hinter das Vorjahresziel, denn heuer hätte Spanien das Defizit auf 4,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) rückführen sollen.

"Wir werden ohne Stress, aber ohne Pause sparen", kündigte der Ministerpräsident an und versprach zudem, "2013 das Ziel von drei Prozent zu erreichen". Dass seine sozialistischen Vorgänger ein Defizit von 8,51 Prozent des BIP 2011 hinterlassen hätten, rechtfertige den Alleingang, so Rajoy. Im Idealfall auch vor Brüssel, wo Währungskommissar Olli Rehn auf geforderte, exakte Zahlen von 2011 und konkrete Pläne für 2012 und 2013 wartet.

Völlig überraschend dürfte Rajoy die Bremse nicht gezogen haben, denn laut El Mundo hat er seinen Vorstoß mit wichtigen EU-Kollegen besprochen. Ihre Zustimmung freilich ist ungewiss, denn wiewohl sich Rajoy "jegliche Einmischung in die spanische Souveränität" verbittet: Spanien droht nun ein Defizitverfahren und ein Bußgeld von bis zu zwei Milliarden Euro, rechnete El País vor. Allerdings hatten Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy Spanien jüngst wegen seiner Rekordarbeitslosigkeit als Sonderfall klassifiziert. Der Krisenstaat hält bei 23,3 Prozent Erwerbslosen, was Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen drückt. Zu fünf Millionen Arbeitslosen dürften heuer 630.000 weitere hinzukommen, warnte Wirtschaftsminister Luis de Guindos bei der Präsentation des Wirtschaftsausblicks. Das BIP werde heuer um 1,7 Prozent sinken.

Details zum Kraftakt des Defizitabbaus blieb Rajoys Regierungsteam schuldig. Das wird bis zu den Regionalwahlen in Andalusien und Asturien so bleiben, vor dem 30. März bleibt alles unter der Decke. Inklusive bereits beschlossener Maßnahmen sind heuer etwa 30 Milliarden Euro aufzubringen. Gleichzeitig gewährte die Regierung 35 Milliarden Euro an zehnjährigen Krediten, damit offene Rechnungen von Städten und Kommunen gegenüber Bauträgern, Zulieferern und Medikamentenschulden von rund zwölf Milliarden Euro gezahlt werden.

Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer lehnen die Konservativen ab. Sie setzen auf Ausgabenkürzungen. Das bringt Ärger, am 29. März droht Generalstreik. (jam, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 5.3.2012)