Saalfelden - "Die WHO will die Masern ausrotten. Die Impfgegner wollen das verhindern." - Klare Worte zum Thema der Verhütbarkeit potenziell lebensgefährlicher Infektionen bei Babys, Kleinkindern und Jugendlichen fand Werner Zenz, Experte von der Grazer Universitäts-Kinderklinik, bei der 45. Wissenschaftlichen Fortbildungswoche der Österreichischen Apothekerkammer in Saalfelden in Salzburg (bis 9. März). "Jeder tausendste Masernfall ist ein Todesfall", sagte er und warnte vor der Nichtbeteiligung am kostenlosen österreichischen Kinderimpfprogramm.

Kein Schutz vor Allergien und Asthma

"Eines der häufigsten Argumente gegen die Masernimpfung ist die Behauptung, dass durchgemachte Masern vor Asthma und Allergien schützen sollen. Die Geschichte ist falsch", erklärte Zenz bei der Tagung mit rund 500 Apothekern, die sich in diesem Jahr schwerpunktmäßig der Pädiatrie (Kinderheilkunde) widmet. Stattdessen würde unter Kindern, die ungeschützt sind, die Krankheit noch immer zirkulieren. Der Kinderarzt: "Vergangenes Jahr gab es 20.000 Fälle in Frankreich." In Österreich wurde vom Gesundheitsministerium im Jahr 2011 mehrfach dazu aufgerufen, nur ja nicht auf diesen Impfschutz bei Kindern zu vergessen. Man fürchtete ein Übergreifen der Krankheitswellen aus anderen europäischen Ländern.

Die Angelegenheit sieht laut belegten epidemiologischen Daten an sich einfach aus, so der Experte - auch in Industriestaaten wie Österreich: "Masernkomplikationen in den Industrieländern sind in rund sieben bis neun Prozent eine Mittelohrentzündung, in ein bis sechs Prozent eine Pneumoinie und in sechs Prozent eine Diarrhoe."

Gefährliche Gehirnhautentzündung

Doch darum geht es im Grunde nicht. Zenz: "Eine akute Gehirnentzündung (Enzephalitis, Anm.) tritt bei jedem tausendsten bis zweitausendsten Kind auf und führt bei einem Drittel der Betroffenen zum Tod und zu einem weiteren Drittel zu einer Defektheilung (Hirnschäden, Anm.)." Eine grässliche Komplikation, die auch noch zehn Jahre nach einer "harmlosen" Masernerkrankung entstehen kann: die sogenannte subakut sklerosierende Panenzephalitis (SSPE). Aus scheinbar heiterem Himmel kommt es zu einem fortschreitenden völligen Abbau aller intellektuellen und neurologischen Fähigkeiten und unausweichlich zum Tod. Hilfe gibt es nicht. Der Grazer Experte: "Wir hatten in 20 Jahren 20 Fälle. Das heißt, dass jedes Jahr ein Kind an einer solchen Komplikation stirbt."

Gegen die Masern schützt eine Vakzine, die auch die Virusinfektionen Röteln und Mumps verhindert. Gefürchtet sind die Röteln vor allem bei Frauen, die sich im ersten Drittel der Schwangerschaft befinden, weil es dann in 65 bis 85 Prozent der Fälle zu Missbildungen bei den Kindern kommt. Bei Mumps entsteht hingegen wiederum bei an die zehn Prozent der Betroffenen eine Gehirnhautentzündung, während bei einem von 1.000 Betroffenen im Durchschnitt gar eine Gehirnentzündung auftritt.

Schafblattern: Varizella-Zoster-Viren

Lästig, aber nicht gefährlich? Die Feuchtblattern (Schafblattern), hervorgerufen durch Varizella-Zoster-Viren, haben offenbar ebenfalls nicht unbedingt zu Recht einen "guten Ruf". "In Österreich sterben jedes Jahr ein bis zwei Kinder an den Varizellen. Zumeist sind es Kinder mit Immundefekten, auch unter Chemotherapie", so Zenz.

Von Lebensgefahr für das Baby geht man aus, wenn eine junge Mutter fünf Tage vor der Entbindung bzw. einige Tage nach der Entbindung an Feuchtblattern erkrankt. Das Kind hat dann nämlich keine Chance auf Antikörper, weswegen schwere Verlaufsformen auftreten können. Herpes zoster als Reaktivierung der einmal im Rahmen einer Feuchtblattern-Infektion entlang der Nervenstränge eingewanderten Viren kommt auch bei Kindern - nicht nur bei älteren Menschen - vor.

Auch hier gäbe es schon eine wirksame Immunisierung, um solche Probleme zu verhindern. Zenz: "Wir sollten in Zukunft die Impfung gegen Schafblattern für alle Kinder anstreben." In Deutschland und in den USA ist bereits seit einigen Jahren eine generelle Impfung gegen Varizella-Zoster empfohlen. In den USA ging die Sterblichkeit aufgrund von Komplikationen durch solche Erkrankungen bereits zurück. (APA)