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Elektroschocks, Stachelhalsbänder und bewusstes "Scharfmachen": Der Alltag auf Hundetrainingsplätzen in Österreich wird im "Schwarzbuch Hundeschulen" kritisiert.

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Auch bei Turnieren im Hundesport konnte die Autorin Vernachlässigungen beobachten.

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Private oder öffentliche Hundeschule? Sanfte oder strenge Ausbildung? Gabriele Schröckeneder liefert mit dem "Schwarzbuch Hundeschule" einen Überblick über ein kontrovers diskutiertes Thema.

Foto: Gabriele Schröckeneder
Foto: Gabriele Schröckeneder

Ein Widerspruch macht stutzig: Einerseits sorgen regelmäßig Hundebisse für Schlagzeilen, andererseits gibt es viele Hundeschulen in Österreich. Die Salzburger Hundetrainerin Gabriele Schröckeneder berichtet in ihrem "Schwarzbuch Hundeschulen", dass die Ausbildung oft qualitativ schlecht ist. Sie kritisiert sowohl die sanfte "Wattebauschmethode", die darauf basiere, den Hund mit ständiger Leckerli-Gabe von unerwünschten Einfällen abzulenken, als auch brutale und unethische Mittel. Auf vielen Hundeplätzen würden die Tiere immer noch mit Stachelhalsband und Elektroschocks malträtiert, um Gehorsam zu erzielen, berichtet Schröckeneder. Sie übt scharfe Kritik: So gebe es in Österreichs Hundeschulenlandschaft nicht nur vereinzelt schwarze Schafe, sondern ganze Schafherden.

Brutale Trainingsmethoden seien auch in der Hundesportszene Alltag, die von "Erfolg, Gier und Geld" angetrieben werde. Für die Hunde sei ein Turnier eine Belastung - weniger wegen der Prüfung selbst als wegen der Rahmenbedingungen. Viele Hunde befänden sich abgesehen von den paar Minuten vor der Jury im Autoanhänger oder in der Hundebox im Auto, hat Schröckeneder beobachtet. "Am schlimmsten sind jedoch diejenigen, die ihre Hunde auf dem Weg zum Auto spüren lassen, wie unzufrieden sie mit deren Leistung beim Wettkampf sind. Dass der Hund nur das Erlernte abrufen kann, wird leider oft außer Acht gelassen", schreibt die Trainerin.

Die Autorin empfiehlt ganzheitliche Hundeschulen, in denen schon bei der Grunderziehung auf die Fähigkeiten und die Persönlichkeit des Hundes eingegangen wird und auch Ziele und Wünsche des Hundehalters in Fachgesprächen ermittelt werden. Hunde könnten nicht nach Patentrezepten erzogen werden, sondern müssen individuell behandelt werden. Je früher die Ausbildung beginnt, umso besser: Spiel und Vergnügen sind Voraussetzung für Welpen, doch darauf sollte es sich nicht beschränken. Die Sozialisierung findet zwischen der achten und 16. Woche statt. "In dieser Zeit saugt der Welpe sämtliche Umwelteinflüsse wie ein Löschblatt auf", schreibt die Autorin. Daher sollte man diese Spanne nicht nutzlos verstreichen lassen.

Hundeführschein spannender gestalten

Die Hundeschulenbesitzerin ist aber der Meinung, dass es keinen verpflichtenden Führschein für alle Hundearten geben sollte. Jeder Mensch sollte die freie Entscheidung treffen können, ob er seinen Hund ausbilden möchte. "Ein vernünftiger Halter wird das ohnehin machen", sagt sie. Wenn der Hundeführschein spannender gestaltet wäre, würde das auch mehr Leute dazu anregen, die Prüfung freiwillig abzulegen, ist die Autorin überzeugt. Doch sie betont: Auffällige Hundehalter sollten zu einer Ausbildung verpflichtet werden - egal welchen Hund sie besitzen. Denn die Rasseliste ist nach Meinung der Autorin nicht durchdacht: Schäferhunde haben zum Beispiel die meisten Beißvorfälle, aber eine starke Lobby. In Deutschland sei auch der Dackel nicht zu unterschätzen.

In den einzelnen Bundesländern gebe es zudem große Unterschiede: Wird ein Hund in Salzburg als gefährlich eingestuft, ist der Besitzer verpflichtet, einen Kurs bei einer von der Landesregierung dafür anerkannten Hundeschule zu besuchen. Dieser Lehrgang bescheinigt nach nur zehn Lehrstunden, dass der Besitzer seinen Hund im Alltag gefahrlos unter Kontrolle hat. Anders in Wien und Niederösterreich: Dort müssen Besitzer sogenannter Kampfhunde einen Hundeführerschein erwerben, was zur Folge hat, dass die Tierheime dort mit Kampfhunderassen überquellen. Im Ausland wurden solche Listen großteils wieder abgeschafft, da sich sogenannte gefährliche Hunde nicht in Rassen qualifizieren lassen, sondern in den meisten Fällen durch ihre Besitzer zum gefährlichen Hund erzogen werden.

Problem am anderen Ende der Leine

Wenn bei ausgewachsenen Hunden immer wieder Probleme auftauchen, sollte auch ein Psychologe zu Rate gezogen werden - und zwar für den Menschen. "Bei manchen Menschen wird der Sachverständige feststellen können, dass diese Person mit einem Hundehaltungsverbot belegt werden muss", schreibt die Autorin. (derStandard.at, 7.3.2012)