"Sind 'diskriminierende' Speisebezeichnungen wirklich notwendig?"

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Wien - Geht es in Österreich ums Essen, so geht es gleichzeitig auch immer ums Eingemachte - symbolisch gesprochen. Also zum Beispiel um althergebrachte österreichische Bezeichnungen für Speisen, vom " Zigeunerschnitzel" zum "Mohr im Hemd".

Mit steigender Zahl schwarzer Mitbürger und zunehmendem Wissen über die Lage der Roma wird die Verwendung von Worten wie "Mohr" und "Zigeuner" jedoch immer öfter als herabsetzend empfunden. Auch im Fachverband Gastronomie der Bundeswirtschaftskammer, der in seinem dieser Tage verschickten brancheninternen Newsletter "Gastro Aktuell" eine diesbezügliche Empfehlung lanciert."Sind 'diskriminierende' Speisebezeichnungen wirklich notwendig?", lautet dort der Titel eines Artikels. 

Ausstellung des "Hofmohren"

Im Zuge der Ausstellung über Angelo Soliman, den als Sklave nach Europa verkauften, nach seinem Tod ausgestopften und mit Federn und Muschelketten ausgestellten "Hofmohren" aus der Zeit Kaiser Josephs II., habe sich die Menschenrechtsgruppe SOS Mitmensch an den Fachverband gewandt. Die Gastronomiebetriebe sollten zu einem neuen "Gütesiegel" animiert werden, indem sie sich entschlössen, "keine beleidigenden Speisebezeichnungen mehr zu verwenden".

Dem will man unter den Gastronomen jetzt offenbar Rechnung tragen: "Als Branche, die sich der Gastfreundschaft verschrieben hat, sollten wir hier mit gutem Beispiel vorangehen und auf derartige Bezeichnungen verzichten", heißt es in dem Newsletter: statt "Mohr im Hemd" also künftig besser "Kuchen mit Schlag" ."Wir sind über diese Initiative sehr erfreut", sagt bei SOS-Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak. Auch wenn es manchem vielleicht wie ein unwichtiges Thema erscheine: "Die Herabwürdigung von Menschen, auch wenn sie ungewollt passiert, ist niemals eine Bagatelle."

Rechtsstreit ums "Negerbrot"

Der Konflikt um Lebens- und Genussmittelbezeichungen mit rassistischem Beiklang hatte sich zuletzt in Wiener Zuckerlgeschäften rund ums " Negerbrot" - Schokolade mit Erdnüssen - entladen. Nachdem ein Bonbonladenbesitzer auf dieser Namensgebung beharrt hatte, schaltete eine Kundin die Gleichbehandlungsanwaltschaft ein. Diese hat dem Geschäftsinhaber einen Brief mit Ersuchen um außergerichtliche Lösung gesandt. Im Fall einer Klage kann er zur Zahlung von bis zu 1000 Euro Schadenersatz verurteilt werden. (Irene Brickner, DER STANDARD-Printausgabe, 7.3.2012)