Wien - In der Aula auf dem Uni-Campus fanden sich von 27. bis 29. Februar über 150 Teilnehmende ein, um über Methoden und Theorien der Frauen- und Geschlechtergeschichte zu diskutieren. Mit internationalen Expertinnen lockte die Gruppe "Fernetzt" ein überwiegend weibliches Publikum zu Vorträgen und gegenseitigem Austausch. "Fernetzt mit F steht für Feminismus, Frauenbewegung und natürlich Forschung", so wird die Konferenz "un/diszipliniert" eröffnet.
Das Netzwerk für junge Forschende entstand durch "den Ärger, dass Dissertierende in ihrer Vernetzung zu wenig unterstützt werden. Man ist völlig isoliert in der eigenen Forschung", meint Jessica Richter von Fernetzt. Um das Förderungsangebot auszubauen, organisierten sich die Studierenden selbst: "Es hieß, das müsst ihr schon selbst machen - drei Jahre später sind wir hier."
Nach einleitenden Worten kommt es zur Hauptattraktion des ersten Abends: Barbara Duden. Die Pionierin der Körpergeschichte betont, wie wichtig eine Gegenwartsanalyse ist, und spricht über die "Spannung, dass die Politik heute weitgehend geschlechtsneutral ist, aber tatsächlich die Wirkung von Sozialstaatsreformen und Umbauten des Arbeitsmarktes oder des Familienrechts Frauen spezifisch belasten, da sie in ihren Kürzungen die Lasten in die Haushalte zurückschiebt". Scharfe Kritik äußert sie an der "Vorstellung, dass Frauen nicht mehr diskriminiert werden". Im Publikum finden sich bekannte Gesichter, unter ihnen die Rektorin der Akademie der bildende Künste Wien, Eva Blimlinger. Für sie ist feministische Forschung ein "zentrales Feld" und die Frauengeschichte sei "noch nicht ausdiskutiert". 1984 moderierte Blimlinger beim ersten Österreichischen Historikerinnentreffen ein Panel über den Stand der Geschlechterforschung, als Barbara Duden einen Länderbericht gab. " Seither habe ich sehr viele ihrer wissenschaftlichen Arbeiten gelesen", erklärt sie ihr Kommen.
Perspektive in Vernetzung
Auch die internationale Stellung des Forschungsfeldes wird diskutiert: "Einem Bereich, dessen Verwertung nicht sofort einsehbar ist, werden die Ressourcen abgezogen. Es wird gesagt: Das war in den 1980ern notwendig - heute sind Frauen gleichberechtigt, wir brauchen das nicht mehr", erzählt Duden über die Abschaffung der Genderstudies in Hannover. Perspektiven sieht sie trotzdem: "Für das Gegenwartsverständnis ist es ungeheuer wichtig, dass junge Frauen diese Themen behandeln." Darin erkennt Veronika Helfert (Fernetzt) ein wichtiges Ziel: "Es braucht viel mehr Vernetzung zwischen jungen Forschenden, auch international." Aber auch ein "Zurück zur Bewegung" ist für die Jungforscherinnen essenziell, sie wünschen sich "mehr Wissensarbeit, die auch aus der Uni rausgeht". Ihre erste öffentliche Veranstaltung sieht Helfert als "riesigen Erfolg: Es wurde gestritten und geschrien." (ook, DER STANDARD, Printausgabe 8.3.2012)