Berlin - Deutsche Bahn-Chef Hartmut Mehdorn hat mit Äußerungen über mögliche weitere Stellenstreichungen für erhebliche Unruhe gesorgt. Berichte, wonach die Zahl der 210.000 Bahn-Beschäftigten in den nächsten Jahren um nochmals mehr als 40.000 reduziert werden könnte, wies das bundeseigene Unternehmen am Freitag in Berlin jedoch zurück. Dafür gebe es keine konkreten Pläne.

Die Gewerkschaften Transnet und GDBA warnten vor einem möglichen drastischen Stellenabbau und forderten Mehdorn zu Gesprächen auf. Die Bahn hatte allein in den vergangenen zehn Jahren bereits 170.000 Arbeitsplätze gestrichen, bisher ohne betriebsbedingte Kündigungen.

Einsparungen in der Verwaltung

Das "Handelsblatt" hatte Mehdorn mit den Worten zitiert, die Bahn sei nach dem Personalabbau "nicht am Ende, und wir glauben, dass wir noch einmal 20 Prozent weniger Mitarbeiter haben können." Der Abbau werde vor allem die Verwaltung treffen, habe Mehdorn in London erklärt. Mehdorn nannte den so errechneten Umfang von mehr als 40.000 Stellen am Freitag einen "ganz großen Unsinn". Er wisse "gar nicht, wie man auf die Zahl kommt".

Nach Aussage eines Konzernsprechers hatte Mehdorn in London nur erklärt, er könne sich vorstellen, das Geschäft in einigen Jahren auch mit 10 bis 20 Prozent weniger Personal zu bewältigen. Es gebe aber auch andere Möglichkeiten, Kosten zu senken und die Produktivität zu erhöhen. Personalabbau sei nach wie vor kein Unternehmensziel.

Vor Journalisten sagte Mehdorn, es gehe bei der Bahn um Effizienzsteigerung und darum, wettbewerbsfähig zu sein. Dazu müssten die Kosten jährlich um rund vier Prozent gesenkt werden. Dies sei aber nicht neu und mit den Gewerkschaften abgestimmt. Die Bahn sei das einzige Großunternehmen in Deutschland, dass seinen Beschäftigten nicht kündige. Sollte es viele Zusatzaufträge geben, könnte das Personal sogar aufgestockt werden.

"Überzogen, realitätsfremd und unverständlich"

Die Bahn-Gewerkschaft Transnet nannte die möglichen Pläne "überzogen, realitätsfremd und unverständlich". Transnet-Chef Norbert Hansen forderte Mehdorn zu "sofortigen Gesprächen" auf. Die Ankündigung sei mit keiner unternehmerischen Maßnahme hinterlegt. Es gebe keinen Bereich, in dem derartige Kürzungen noch zu realisieren seien. Die Verkehrsgewerkschaft GDBA verlangte vom Konzernchef, sein "unverantwortliches Gerede" umgehend zu unterlassen. Die Gewerkschaft Transnet befürchtet seit langem den Abbau von 37.000 Arbeitsplätzen bis zum Jahr 2007. Dies hatte die Bahn stets dementiert.

Bisher hat der Staatskonzern auf betriebsbedingte Kündigungen verzichtet. Dies soll auf Grund eines Beschäftigungsbündnisses vorerst bis Ende 2004 so bleiben. Eine Verlängerung bis Ende 2006 war zunächst nach einem Streit zwischen Konzern und Gewerkschaften über neue Tarifregeln im Regionalverkehr gescheitert. Inzwischen reden aber beide Seiten wieder miteinander. "Wir sind mit den Gewerkschaften auf gutem Weg", sagte der Bahn-Sprecher. (APA/dpa)