Joschka Fischer mit Deborah Kan vom "Wall Street Journal".

Foto: derstandard.at/putschögl

Joschka Fischer würde eher nicht am Istanbuler Immobilienmarkt investieren - weil er ihn nicht kennt und deshalb nicht ausreichend versteht. Aber ansonsten sei die türkische Metropole eine großartige Stadt, in der es wohl genug zu investieren gebe, sagte der ehemalige deutsche Außenminister am Donnerstag auf der Immobilienentwicklermesse MIPIM in Cannes.

Die Türkei-Frage eines Developers aus dem Publikum im Großen Auditorium des Palais des Festivals hatte nicht zuletzt mit der Messe selbst etwas zu tun: Die Türkei wird 2013 "Country of Honour" der MIPIM sein, sie folgt damit auf Fischers Heimatland, das bekanntlich heuer das Gastland gibt.

"Europa wird es schaffen"

In Fischers "Keynote Address" vor mehreren hundert Messebesuchern ging es ansonsten vor allem um die Eurokrise. Europa werde es am Ende schaffen, aus der Krise herauszukommen, prophezeit der ehemalige Spitzenpolitiker - und nannte die Krise außerdem explizit "keine Griechen-, sondern eine europäische Bankenkrise". Wenn Griechenland den Euro verlasse, sei die Frage: "Who's next?", alle Dämme würden brechen, Europa stünde vor dem völligen Zerfall. Notwendig sei deshalb nun nach der Währungs- auch die Fiskalunion. Der Aufstieg der Emerging Markets wie China, Indien und Brasilien verlange ein starkes geeintes Europa als Gegenpol.

Weil Fischer auch ein Grüner ist, ging er in seiner Rede auch kurz auf die deutsche Energiewende ein, also den beschlossenen Ausstieg aus der Nuklearenergie. Dieser sei einerseits nicht weniger als "historisch", andererseits sei der Übergang zur nachhaltigen Energiewirtschaft wohl auch für die Immobilienbranche ein gutes Geschäft - eine Annahme, die auch bereits von einer KPMG-Studie untermauert wird, wonach die international Bauindustrie künftig vor allem auf Infrastrukturprojekte in den Bereichen Energie und Naturressourcen, Transport, Kommunikation und Technologie zählt.

Spanien kommt langsam in die Gänge

Weniger gut sind weiterhin die Aussichten für den spanischen Immobilienmarkt - aber auch nicht mehr ganz so schlecht wie noch vor einem Jahr. Im Rahmen einer Podiumsdiskussion auf der MIPIM wurde deutlich, dass die von der neuen spanischen Regierung vorgenommenen gesetzlichen Änderungen schon bald positive Auswirkungen zeitigen könnten. Zaghaft beginnen die Banken, ihre riesigen Bestände an Grund und Boden sowie (teils unfertigen) Eigentumswohnungen abzuverkaufen. Der Wohnungsmarkt könnte sich erholen, es gebe starken Bedarf, aber immer noch ein Preis- sowie ein Finanzierungsproblem, so der Tenor. (Martin Putschögl aus Cannes, derStandard.at, 8.3.2012)