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Kamen in den 1950er-Jahren auf jeden Demenzkranken noch über 100 Erwerbstätige, werden es 2050 nur noch 17 sein.

Foto: APA/Patrick Pleul

Wien - Österreichs Bevölkerung wird immer älter, neurogeriatrische Erkrankungen sind im Steigen begriffen.

Früherkennung und in Folge eine frühe Behandlung machen einen Therapieerfolg wahrscheinlicher, betonten am 12. März Experten bei einer Pressekonferenz in Wien anlässlich der zehnten Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie (ÖGN) vom 14. bis 17. März in Graz.

Demenz, Schlaganfall und Morbus Parkinson

Mit der steigenden Lebenserwartung nehmen altersassoziierte Erkrankungen des Nervensystems wie Demenz, Schlaganfall und Morbus Parkinson rapide zu, weiß Franz Fazekas, Vorstand der Universitätsklinik für Neurologie an der MedUni Graz.

Die daraus entstehende Lawine gesellschaftlicher Belastungen kann nur durch die Entwicklung neuer, kausaler Therapien aufgehalten werden. Bereits eine Verzögerung des Beginns von Demenz um zwei bis drei Jahre kann die Prävalenzrate um bis zu 40 Prozent reduzieren.

Ab 60 Jahren steigt das Risiko für Erkrankungen des Zentralnervensystems steil an, so Fazekas. Nach Angaben seines Kollegen, Tagungspräsident und Leiter der Klinischen Abteilung für Spezielle Neurologie an der MedUni Graz, Reinhold Schmidt, werden im Jahr 2035 rund drei Millionen Österreicher über 60 sein.

Mehr Invalidität

Demenz ist heute für 11,2 Prozent und der Schlaganfall für 9,5 Prozent aller mit Behinderung verbrachten Lebensjahre verantwortlich, und damit für mehr Invalidität als muskuloskeletale oder kardiovaskuläre Erkrankungen (je 8,9 Prozent), zitierte Fazekas den "World Health Report - Global Burden of Disease".

Während 1951 in Österreich noch 35.000 Menschen an Demenz litten, sind es heute bereits 100.000, 2050 werden es 235.000 sein. Nach Schätzungen aus den USA wird sich die Zahl der Parkinson-Patienten in den kommenden 25 Jahren verdoppeln.

Lasten für Angehörige und Sozialsysteme

Damit kommen enorme Lasten auf die Angehörigen und die Sozialsysteme zu, die zusätzlich darunter leiden, dass nun geburtenschwache Jahrgänge im Erwerbsleben stehen: Kamen in den 1950er-Jahren auf jeden Demenzkranken noch über 100 Erwerbstätige, werden es 2050 nur noch 17 sein.

Bereits 2005 betrugen die EU-weiten Kosten neurodegenerativer Erkrankungen 130 Milliarden Euro. "Diese Szenarien sind keine Schwarzmalerei, sondern äußerst real", so Schmid und setzt auf Früherkennung. Es sei  gelungen, in den vergangenen Jahren für Demenz, Parkinson und Schlaganfälle Vorstadien - sogenannte Prodromi - zu definieren.

Durch neu entdeckte Biomarker können Frühformen von Demenzerkrankungen identifiziert werden, was zur Definition neuer Diagnose-Kriterien für Morbus Alzheimer geführt hat, die erstmals auch seine Vorstadien einschließen. Ähnliche erfolgversprechende Entwicklungen gibt es für Morbus Parkinson. (APA, 13.3.2012)