Rabat - In Marokko sorgt der Selbstmord einer 16-Jährigen für Bestürzung, die sich aus Verzweiflung über die Zwangsheirat mit ihrem Vergewaltiger das Leben genommen hat. Amina Al Filali habe sich vergangene Woche aus Protest gegen die Eheschließung mit ihrem Peiniger in Larache im Norden des Landes mit Rattengift getötet, sagte die Vorsitzende der Demokratischen Liga für Frauenrechte, Fouzia Assouli, am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP. Der Fall wurde in vielen marokkanischen Internetnetzwerken aufgegriffen.
Die Hochzeit wurde laut Assouli von einem "Familiengericht" in Larache angeordnet, nachdem sich die Familien von Opfer und Täter darauf verständigt hatten. Möglich sei die Einigung durch Artikel 475 des marokkanischen Strafrechts geworden, wonach der Vergewaltiger im Falle einer Hochzeit mit seinem Opfer einer Haftstrafe entgehe, sagte Assouli. Sie kündigte für Donnerstag eine Protestaktion ihrer Organisation vor dem Gericht an.
Ministerin fordert Gesetzesänderung
Die Frauen- und Familienministerin des Landes, Bassima Hakkaoui, hat nun eine Gesetzesänderung verlangt. Es gebe beim Schutz von Frauen vor Gewalt ein "echtes Problem", sagte Hakkaoui am Donnerstag im staatlichen Fernsehsender 2M. Daher sei eine "Debatte über eine gesetzliche Neuregelung" erforderlich.
Auch ihre Amtsvorgängerin Nouzha Skalli zeigte sich schockiert und nannte den Vorfall einen "gesellschaftlichen Aufschrei". "Das Gesetz hat die Minderjährige wie eine Kriminelle behandelt, obwohl sie ein Opfer von Gewalt wurde", sagte Skalli. "Wir müssen das Strafrecht reformieren, um es an die neue Verfassung anzupassen, die Gewalt gegen Frauen verbietet und gleiche Rechte für beide Geschlechter garantiert", fügte sie hinzu. (APA, 15.3.2012)