Seit das Berater-, Coaching- und Lobbyingwesen ins Kraut schießt, nimmt die Kompetenz der Politik im Kommunizieren mit der Öffentlichkeit in bedrückender Weise ab. Vielleicht hätte sie das auch ohne das Aufblühen dieser Berufszweige getan, aber die Frage, ob das an der Qualität der Beratung oder an einer auch durch Coaching vom Feinsten nicht zu überwindenden Beratungsresistenz von Politikern liegt, bleibt offen.

Möglicherweise setzen Berater bei diesem Kundenstock einfach zu viel voraus, etwa die simplen Formen menschlichen Anstands bei der Abwägung von Preis und Leistung, wie sie dem durchschnittlichen Arbeitnehmer als Ideal eingeprägt werden. Vielleicht treibt sie professioneller Ehrgeiz dazu, Politiker in die Höhen einer Publikumsgunst coachen zu wollen, die diese nur überfordern kann - Gescheiterte werden dann selber Berater. Glückliches Bulgarien, dessen Polizei nach einer Expertise Ernst Strassers für den Kampf gegen Korruption (!) gestählt wird. Dafür saß Strasser in keinem Beratergremium, erhielt aber 90.000 Euro nach einem Essen mit dem bulgarischen Premier, der ihn nicht kennt. Wofür? "Ich habe in ganz Europa die meiste Erfahrung mit Polizeiarbeit."

Auf den Leim gegangen

Um zu dieser Einschätzung zu gelangen und das Preis-Leistungs-Verhältnis auch noch als angemessen zu preisen, muss Strasser seiner eigenen Beratung auf den Leim gegangen sein. Und bei dem, der ihm dabei nicht folgen will, ortet er leicht einen "unsachlichen Unterton". Es ist die in der schwarz-blauen Regierung trainierte Kommunikationsstrategie, das Anrecht der Öffentlichkeit auf Antworten durch Präsentation des nackten Hinterns zu konterkarieren. Das hat bisher auch in etlichen anderen Fällen jedenfalls so gut funktioniert, dass es zu keiner Verurteilung kam. Dass der Ruf des Landes und der Politik schlechthin in einer demokratiegefährdenden Weise beschädigt wird, ist halt ein Kollateralschaden. Zeichnet sich ab, die Wirkung dieser Strategie könnte nachlassen, kann man sich immer noch als Opfer einer Verschwörung stigmatisieren. Damit hat schon Grasser experimentiert, als er eine Verschwörung gegen seine Jugend und Schönheit witterte.

Werner Amon geht einen Schritt weiter, indem er - Cicero contra Catilina ist nichts dagegen - Staatsanwälten die Frage entgegenschleudert, wie lange sie die Geduld eines Unschuldslamperls noch missbrauchen wollen. Es war ein Inserat, nein, eine Beilage, nein, ein redaktioneller Beitrag, oder war es doch nur ein Druckkostenbeitrag für die "Freiheit" des ÖAAB? Wie soll man für so viel Ungewissheit auch noch einen Beleg haben? Die ÖVP lässt eine rare Gelegenheit, sich als eine an Aufklärung interessierte Partei zu präsentieren, ungenützt vorübergehen, wenn sie auf Amon im Ausschuss besteht. Sie tut es gegen den Rat von Experten, gegen die Justiz und ihre Justizministerin, gegen jedes Gespür für Unvereinbarkeit. Stattdessen verlässt sie sich auf ihren Kopf, der die Neugier der Staatsanwälte als "Schweinerei" abtut und wirklich zu glauben scheint, seiner Partei in der Öffentlichkeit damit gedient zu haben. Dieser Verschwörungsexperte sollte sich als Berater selbstständig machen. (Günter Traxler, DER STANDARD, 16.3.2012)