Bild nicht mehr verfügbar.

Ein Essen mit dem Präsidenten und der First Lady: Das gewannen Anhänger Barack Obamas zuletzt bei einem Preisausschreiben. Der Kontakt zu den Wählern findet dennoch vornehmlich digital statt.

Foto: Reuters/Roberts

Obamas schlappe Anhängerschaft soll so gezielt wie noch nie motiviert werden.

*****

Washington/Wien - Einmal ist es Jim Messina, der Kampagnenmanager. Dann meldet sich Michelle Obama. Und zu einigen ausgesuchten Gelegenheiten lässt der US-Präsident unter seinem eigenen Namen eine E-Mail an die rund 15 Millionen Adressen schicken, die Barack Obamas Wahlkampagne in ihren Verzeichnissen hat.

Diese Anschriften sind mit den zwölf Millionen Followern auf Twitter und 25 Millionen Fans auf Facebook der Rohstoff, den Obamas Datenschürfer mit Informationen aus den digitalen Minen im Netz zu einem wahren Goldschatz veredeln wollen. Denn damit lassen sich Online-Marketingkampagnen entwickeln, die es möglich machen, einzelne Wähler punktgenau anzusprechen.

Ein guter Teil der rund 300 Mitarbeiter in der geheimnisumwobenen Wahlkampfzentrale des US-Präsidenten in One Prudential Plaza, einem Wolkenkratzer in Chicago, beschäftigt sich damit. Sie tragen als Info-Eichhörnchen alles zusammen, was über potenzielle Wähler off- und vor allem online zu finden ist. Die Daten dafür stammen aus den sozialen Netzwerken, aus Wählerregistern, von Telefoninterviews und von den regionalen Wahlkampfbüros, die Obamas Kampagne in allen 50 Bundesstaaten unterhält.

Wählerkonsumenten

Die Analyseabteilung im Prudential-Plaza-Hochhaus filtert daraus eine Art politisches Verbraucherverhalten heraus, das die Zielerfassung für Wahlkampfbotschaften deutlich präziser werden lässt. 2011 hat Obama dafür eigens auch einen Spezialisten der Beraterfirma Accenture angeheuert. Rayid Ghani, der zuvor für das Accenture Technology Lab in Chicago gearbeitet hat und sich dort vor allem mit Konsumentengewohnheiten auseinandersetzte, firmiert nun als "wissenschaftlicher Direktor" des Wahlkampfteams, berichtet die New York Times.

Ein guter Teil der Online-Marketing-Aktivitäten wurde aber auch an private Anbieter ausgelagert. Obamas Wahlkämpfer zahlten zwischen 1. Juli 2011 und 31. Jänner 2012 mehr als fünf Millionen Dollar an Bully Pulpit Interactive, berichtet die US-Nachrichtensite politico.com. Das in Washington DC ansässige Unternehmen setzt seine Mission nach der Platzierung klassischer Werbung an - "dort beginnt die richtige Arbeit, und zwar wenn wir unsere Kampagnen aggressiv optimieren". Als Erfolgsausweis für Bully Pulpit mag der Wahlkampf Rahm Emanuels gelten. Der frühere Stabschef wurde vergangenes Jahr zum Bürgermeister von Chicago gewählt und setzte dabei vor allem auf soziale Netzwerke und datengetriebene Wahlkommunikation.

Zusätzlich bereitet für Obama eine Programmierer-Abteilung laut Times alle möglichen Webdesigns auf, um es den Anhängern des Präsidenten auf dessen Website mittels iPhone, Blackberry und Android-Geräten so leicht als möglich zu machen, den "Spenden"-Knopf anzuklicken. Nichts, aber auch wirklich gar nichts, soll sie davon abhalten, so aktiv wie im Wahljahr 2008 zu werden.

Ein Fifty-fifty-Land

Eine Injektion an Enthusiasmus haben Obamas Wähler laut Experten dringend notwendig. Denn viele seien nach den drei Jahren Präsidentschaft ihres Idols ernüchtert bis enttäuscht und nicht mehr bereit, im Wahlkampf rastlos für Obama zu laufen. Das könnte - trotz aller Schwierigkeiten der Republikaner, gegenwärtig einen Präsidentschaftskandidaten zu ermitteln - im Herbst gefährlich für den Präsidenten werden. Laut einer Gallup-Umfrage aus 2011 steht es 45 zu 45 Prozent in der Zustimmung für Demokraten und Republikaner. Damit entscheiden die Wahl Unentschlossene in einigen Schlüsselstaaten wie Ohio, Florida, Virginia oder Pennsylvania. Dementsprechend sagt Obamas Kampagnenmanager Jim Messina trotz allen High-Tech-Wahlkampfs: "Wir machen uns keine Illusionen, wir bereiten uns auf ein knappes Rennen vor." (Christoph Prantner /DER STANDARD, 17.3.2012)