
Der Konflikt in der Biobranche könnte in einer Strafanzeige gegen Raiffeisen gipfeln.
Wien - Biogetreide wächst in Österreich seit langem auf einem politischen und wirtschaftlichen Minenfeld. Falschdeklarationen und kontaminierte Lager wirbelten etlichen Staub auf. Starker Konkurrenzdruck, überzogene Erzeugerpreise und fehleingeschätzte Ernten mündeten in der Insolvenz des über viele Jahre größten Vermarkters. Und auch jetzt sind die Konflikte auf dem Markt reich gesät. Einer davon könnte in einer Strafanzeige gegen Raiffeisen gipfeln.
Es geht um Tonnen verschwundenes Getreide in Laa an der Thaya. Das dortige Lagerhaus hielt es für die in Liquidation befindliche BQG Bio Qualitätsgetreide Gmbh in Gewahrsam. Ein Pfandrecht darauf verhinderte die Herausgabe. Dieses in Höhe von 4000 Euro sei nun vor drei Wochen bezahlt worden, sagt Anwalt Hans Pucher. Allein: Der Roggen und Weizen im Wert von 114.000 Euro seien weg.
Raiffeisen habe die Ware über den Händler Mauthner an die Biomühle Hofer und nach Deutschland verkauft, was dem STANDARD vorliegende aktuelle Dispositionsscheine belegen. Den Differenzbetrag von 110.000 Euro habe das Lagerhaus einbehalten, sagt Pucher, der für die BQG offene Forderungen einbringt. Und er spricht von einem Vermögensdelikt, das von " Veruntreuung bis zu Unterschlagung" reiche. Eine Strafanzeige sei vorbereitet. Bisher habe Raiffeisen in Laa an der Thaya nicht auf seine Anfragen reagiert. Bleibe es dabei, bringe er die Anzeige in den kommenden acht Tagen ein.
"Wir haben alle Verträge eingehalten", hält eine Sprecherin der Raiffeisen Ware Austria entgegen. Alles sei korrekt abgewickelt worden. Im Übrigen mache das Pfandrecht nicht 4000 sondern 74.000 Euro aus. Man habe die BQG etliche Male gemahnt. Die Summe sei weiterhin offen. Diese 74.000 Euro seien ihm völlig neu, sagt Pucher.
Er berichtet von Problemen mit einem weiteren Lagerhaus - erst im Zuge einer Klagsdrohung habe es offene Rechnungen bezahlt. Betroffen vom Kräftemessen sind Bauern, die auf ausständiges Geld der BQG für ihr Getreide warten.
Karl Erlach war bis Samstag Obmann der Bio Austria Wien-Niederösterreich. Er ortet eine politische Taktik hinter den Konflikten zwischen Raiffeisen Ware Aus-tria, die 2011 selbst in den überregionalen Biogetreide-Handel einstieg, und der BQG. "Politisches Ziel war es, den Bauern das Biogeschäft aus der Hand zu nehmen, ihre eigene Vermarktung zu zerstören. Und es ist auch gelungen." (Verena Kainrath, DER STANDARD, 20.3.2012)