Wien - Eine Schwangerschaft stellt für Frauen mit sogenanntem hormonabhängigen Brustkrebs kein Risiko dar. Entgegen früheren Befürchtungen erhöht eine Schwangerschaft den Östrogenspiegel im Körper nicht und bewirkt somit kein Wiederauftreten der Erkrankung. Dies beweisen Ergebnisse, die heute, Mittwoch, beim Europäischen Brustkrebskonferenz (EBCC-8; bis 23. März) mit rund 5.000 Teilnehmern in Wien präsentiert werden. Außerdem scheinen Patientinnen, die schwanger werden, länger zu überleben.

Der Hintergrund: Brustkrebs ist auch bei Frauen im gebärfähigen Alter die häufigste Krebserkrankung. Da heute viele Frauen erst später eine Familie gründen und sich die Überlebensrate bei Brustkrebs verbessert hat, steigt die Zahl der Patientinnen, die nach Beendigung ihrer Therapie Kinder bekommen wollen. In einer früheren Studie konnte Hatem A. Azim Jr. vom Jules Bordet Institut in Brüssel nachweisen, dass allen Befürchtungen zum Trotz, die durch die Schwangerschaft verursachten hormonalen Veränderungen könnten ein neuerliches oder aggressiveres Auftreten des Krebses bewirken, eine Schwangerschaft für diese Frauen offensichtlich ungefährlich war.

Bekannter Östrogenrezeptorstatus

Die damalige Studie zeigte jedoch nicht, ob dies auch für Frauen mit hormonsensitivem Brustkrebs gilt. Das ist jene Untergruppe von Patientinnen, die durch einen schwangerschaftsbedingten Hormonanstieg am ehesten betroffen wäre. Auch andere Fragen blieben unbeantwortet, darunter jene nach der therapeutischen Rolle eines induzierten Schwangerschaftsabbruchs, nach dem besten Zeitpunkt für eine Schwangerschaft und nach der Sicherheit des Stillens.

Daher führten der Onkologe und seine Kollegen in mehreren Ländern eine weitere Studie an 333 Frauen durch, die nach der Brustkrebsdiagnose schwanger geworden waren, und verglichen die Daten mit jenen von 874 ähnlichen Brustkrebspatientinnen, die keine Kinder bekamen. An dieser Studie nahmen nur Frauen teil, deren Östrogenrezeptorstatus (positiv oder negativ) und Krankheitsausgang bekannt waren.

Schwangerschaft schützt nicht

Die Wissenschaftler beobachteten die Frauen durchschnittlich während und bis zu 4,7 Jahren nach der Schwangerschaft. In dieser Zeit traten bei 30 Prozent der insgesamt 1.207 Frauen Rezidive auf. Azim erläuterte: "Von allen diesen Frauen hatten 57 Prozent hormonabhängigen Brustkrebs, doch die Studie zeigte im Vergleich zu den Frauen, die nicht schwanger wurden, keine Unterschiede in der Überlebensdauer der Patientinnen ohne Rückfall (...)." Es gab keinen Unterschied zwischen Frauen mit östrogenabhängigem Brustkrebs oder anderen Formen der Erkrankung.

Der Onkologe: "Außerdem stellten wir fest, dass Patientinnen, die innerhalb von zwei Jahren nach der Brustkrebsdiagnose schwanger wurden, offensichtlich ein besseres krankheitsfreies Überleben hatten als jene, die nicht schwanger wurden. Allerdings zeichnete sich im Zeitablauf kein klarer Trend ab. Dieses Ergebnis sollte daher mit Vorsicht interpretiert werden (...). Eine Schwangerschaft innerhalb von zwei Jahren nach der Diagnose ist somit zwar sicher, kann jedoch nicht als Schutz betrachtet werden. (APA, derStandard.at, 21.3.2012)