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Christian Hoffmann (37), Ende 2009 zurückgetreten, bringt die Nada 2012 in Bedrängnis.

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Der Vorsitzende der Rechtskommission der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA), Gernot Schaar, und NADA-Geschäftsführer Andreas Schwab.

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Wien - Gernot Schaar hat das Juristenlatein im Blut. Der Anwalt und Vorsitzende der Rechtskommission der Nationalen Anti-Doping- Agentur (Nada) setzt es gerne ein, um schon komplexe Sachverhalte noch viel komplexer zu erklären. Diesmal ist es aber ein bisschen anders. Schwer wiegen die Vorwürfe, mit der sich das Gremium nach der Veröffentlichung von geheimen Sitzungsprotokollen konfrontiert sieht.

Sexistisch seien die Mitglieder, inkompetent in der Sache und willkürlich in der Entscheidungsfindung. Nada-Geschäftsführer Andreas Schwab soll zudem das Urteil verbotenerweise beeinflusst haben. Schaar beißt sich auf die Lippen, ehe er zur für seine Verhältnisse simplen Verteidigung ansetzt. "Mir liegt es auf der Zunge. Aber unsere Verschwiegenheitspflicht hindert uns noch daran, den erlittenen Imageschaden aufzuheben. Den Gefallen tun wir Herrn Hoffmann und seinem Anwalt sicher nicht."

Wegen Dopings für sechs Jahre gesperrt

Kurz zurück an den Start: Ex-Langläufer Christian Hoffmann, Olympiasieger 2002 und Staffel-Weltmeister 1999, wurde von der Nada am 5. Dezember 2011 wegen Dopings für sechs Jahre gesperrt. Die geheime Beratung der Nada-Rechtskommission zur Urteilsfindung schnitt Hoffmann mittels "vergessenem" Handy im Besprechungszimmer mit. Das Tondokument wurde Medien zugespielt, Auszüge davon wurden von Krone und Kurier veröffentlicht. Die wiedergegebenen Zitate rückten die Rechtskommission in ein äußerst schiefes Licht.

"Ich bezweifle die Authentizität des Protokolls", sagte Schaar. "Das sind massive Vorwürfe." Er kündigte gerichtliche Schritte gegen Hoffmann an. Auch eine Klage gegen Medien, die Teile des Tondokuments veröffentlicht haben, wird geprüft. "Ich kann es nicht akzeptieren, dass bewusst oder unbewusst unvollständige Informationen veröffentlicht wurden."

Der Anwalt will eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft einbringen. Diese soll klären, ob der Mitschnitt rechtens war. Laut Schaar war er es nicht, der Strafrahmen bei illegalen Tonaufnahmen beläuft sich auf bis zu ein Jahr Freiheitsstrafe.

Die Verhandlung hat laut Schaar viereinhalb Stunden gedauert. Die Mitschrift der Verhandlung umfasst 30 Seiten. Was auf der Nada-Mitschrift nicht steht, aber auf den Tondokumenten zu hören sein soll, sind unter anderem anzügliche sexuelle Bemerkungen über Lindsey Vonn.

Dass der Ski-Star Gegenstand der Unterhaltung in der langen Sitzung wurde, gab Schaar zu. "Ob wir gesagt haben, dass wir Lindsey Vonn fesch finden? Ja, ich gebe es zu. Ich gestehe, dass ich ein Mann bin. Aber wer diesbezüglich frei von Schuld ist, werfe den ersten Stein." Die Bemerkungen sollen allerdings in einer Verhandlungspause gefallen sein. In viereinhalb Stunden könne schließlich nicht nur zum Thema gesprochen werden. Schaar: "Ich akzeptiere Kritik an sachlichen Entscheidungen, aber hier geht es nur darum, Leute zu diskreditieren." Schaar merkte auch an, dass ein Mitglied der Rechtskommission im Laufe der Causa Hoffmann telefonisch bedroht worden ist. Ermittlungen seien im Gang.

Den in den veröffentlichten Zitaten erweckten Eindruck, Schwab habe verbotenerweise Einfluss auf das Urteil der weisungsfreien Kommission genommen, weist der Nada-Geschäftsführer entschieden zurück. "Ich habe bei einem kurzen Besuch gesagt, dass ich von den Mitgliedern Konsequenz erwarte. Damit habe ich aber nur gemeint, dass das Verfahren endlich zu einem Ende kommt. Die Nada ist ja zuvor für die lange Verfahrensdauer kritisiert worden."

Darabos lässt überprüfen

Sportminister Norbert Darabos (SP) hat zur Causa Hoffmann eine Überprüfung angeordnet. "Unabhängig von der Frage, ob diese Aufzeichnung rechtmäßig zustande gekommen ist, besteht ein dringendes Interesse an einer lückenlosen Aufklärung. Das ist eine Frage der Glaubwürdigkeit der Nada." Der Bericht soll bis 30. März vorliegen. Hoffmann wurde wegen Mitbesitzes einer Blutzen-trifuge und seiner Besuche bei Humanplasma verurteilt. Gegen seine Sperre hat er vor der Unabhängigen Schiedskommission, der höchsten nationalen Berufungsinstanz, Einspruch erhoben.  (David Krutzler, DER STANDARD, 23.3.2012)