Was bringt der Computerführerschein wirklich?

Foto: DER STANDARD/Andy Urban

Der Europäische Computer Führerschein (ECDL) ist ein international anerkanntes und standardisiertes Zertifikat, mit dem Computerbenutzer ihre grundlegenden und praktischen Fertigkeiten im Umgang mit dem Computer nachweisen können. Seit dem Angebotsstart in Österreich im Jahr 1997 wurden über 300.000 Zertifikate ausgestellt. Nach 15 Jahren Entwicklung in der Informationstechnologie und einem sich ständig verändernden Markt stellt sich die Frage: Hält die Qualifikation immer noch das, was sie verspricht?

Ablauf und Preise

Das Einsteigerzertifikat, der ECDL Core, welcher keine Vorkenntnisse voraussetzt und auch vermehrt an Schulen angeboten wird, umfasst acht Module, zu denen sieben Tests abgelegt werden müssen, um den Führerschein erfolgreich abzuschließen. Die Inhalte reichen von den Grundlagen der Informationstechnologie über die Computerbenutzung und Dateimanagement, Office-Anwendungen sowie Web und Kommunikation bis hin zu Datenbanken (oder wahlweise IT-Security). Es bleibt Interessenten selbst überlassen, ob sie sich für einen Vorbereitungskurs oder ein Selbststudium entscheiden.

Ein Testmodul dauert 45 Minuten. Zwischen der ersten und der letzten Prüfung zum ECDL dürfen maximal drei Jahre liegen. Der Computerführerschein ist nach Ausstellung unbegrenzt gültig. Die die reinen Prüf- und Ausstellungsgebühren belaufen sich auf 235,50 Euro. Kursmöglichkeiten werden an allen gängigen Aus- und Weiterbildungsstätten angeboten und bewegen sich preislich zwischen 1.200,00 und 1.500,00 Euro, abhängig von Umfang und Dauer. Für Schüler werden günstigere Tarife bereitgestellt.

Nach der erfolgreichen Absolvierung kann mit dem ECDL Advanced eine weiterführende Zertifizierung für eine fortgeschrittene Qualifikation in Office-Programmen begonnen werden.

Für die IT uninteressant

Aus Sicht des IT-Recruiters ELAN, einem Tochterunternehmen der Manpower GmbH, ist der Computerführerschein überholt und stellt keinen nennenswerten Qualifikationsnachweis für Fachkräfte in der IT dar.

"Oftmals werden Arbeitsuchende, die sich bei dem AMS melden und in Ihrem Suchprofil den Zweig IT erwähnen, in einen ECDL-Kurs gesteckt. Was in diesem Fall für AssistentInnen eine gute Grundausbildung darstellt, ist jedoch weit davon entfernt für High Level IT Kräfte interessant zu sein.", meint die befragte Führungskraft des Personaldienstleisters.

Anstatt sich gut im Lebenslauf zu machen, wird der Computerführerschein im IT-Recruiting also eher belächelt. Arbeitgeber, die administrativ tätige MitarbeiterInnen einstellen, haben mit dem Zertifikat dennoch einen Nachweis der Office-Anwenderkenntnisse und sparen sich so eigene Einstufungstests beziehungsweise etwaige Überraschungen in der Probezeit.

AMS sieht steigendes Interesse

Im abgelaufenen Jahr hat das AMS Wien rund 4.600 KundInnen eine solche Qualifikation ermöglicht, wobei es neben dem "Grundkurs" eine Menge Varianten gibt, die ebenso gefördert werden.

"Derzeit registrieren wir einen wachsenden Zulauf zu diesem Angebot - wenn der Trend anhält, werden wir im laufenden Jahr an die 5.000 Bewilligungen erteilen.", so Sebastian Paulick, Pressesprecher des Arbeitsmarktservice Wien.

Aus Sicht des AMS stellt der Computerführerschein sowohl bei Arbeitsuchenden als auch bei Arbeitgebern eine überaus beliebte Qualifikation.

Das WIFI und die Notwendigkeit von E-Skills

Das Wirtschaftsförderungsinstitut der Wirtschaftskammer Österreich verfolgt seit rund drei Jahren eine Seitwärtsbewegung des ECDLs, aber somit auch ein nach wie vor konstantes Interesse an Weiterbildungskursen für die entsprechenden Module.

"Wir sehen außerdem, dass die heutige, junge Generation seit drei bis vier Jahren, mit den bereits ersten, absolvierten Modulen ihre Schulbildung abschließen und anschließend - im Berufsleben stehend - bei uns ihren Computerführerschein fertigstellen. ", heißt es im Gespräch mit Christian Faymann, dem Teamleiter des WIFI Österreich Bildungsmanagement.

Eine Studie, die im Rahmen der der aktuell stattfindenden E-Skills Week 2012 präsentiert wurde, zeigt erneut auf, dass eine stetige Weiterbildung persönlicher E-Skills nach einer Grundausbildung nicht fehlen darf. Die allgemeine Nachfrage der Industrie ist größer als das durchschnittliche Qualifikationslevel in Europa.

Auf die Berufswahl kommt es an

Der Computerführerschein macht Sinn, wenn er im Zuge der Schulausbildung absolviert wird und man im Rahmen der Textverarbeitung auch gleich dieses Zertifikat erlangt. Für Berufseinsteiger und Unentschlossene stellt der ECDL ein gutes Basispaket dar, welches den sicheren Umgang mit den gängigsten Arbeiten am Computer gewährleisten sollte. Sobald es in die Tiefe geht oder weitere Programmkenntnisse vorausgesetzt werden, kommen Interessierte um eine Fachausbildung beziehungsweise entsprechende Erfahrung mit der jeweiligen Software nicht herum.

Junge Menschen, die Ihre Zukunft in der IT oder Kreativbranche sehen, beschäftigen sich aber im Normallfall im Alltag schon weit intensiver mit Soft- sowie Hardware, sodass die vermittelten Inhalte als selbstverständlich gelten und der ECDL in den kommenden Jahren - in diesen Segmenten - auch weiterhin an Stellenwert verlieren wird. Abzusehen ist auch, dass das Interesse an Fachkräften mit Ausbildungen in den Bereichen IT-Projektmanagement und Social Media weiter steigen wird. (Martin Pauer, derStandard.at, 25.3.2012)