Konzentrationsprobleme und Tagträumereien zählen zu den wichtigsten Symptomen von ADHS betroffenen Kinder und Jugendlichen. Darauf machen medizinische Experten der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus in Dresden in einer Aussendung aufmerksam. Diese Symptome seien aber kein Dauerzustand, sondern eher eine Achterbahn: Die Phasen von Konzentration und Unaufmerksamkeit wechselten abrupt, was sich auch anhand von Gehirnströmen dokumentieren lasse.

Stephan Bender, Experte für Klinische Neurophysiologie in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, sieht in dieser hohen Variabilität den Kern des Problems und zugleich eine mögliche Lösung. Denn auch für unauffällige Kinder sei es gerade zu Beginn der Schulpflicht noch nicht selbstverständlich, sich längere Zeit mental auf ein Thema oder eine Tätigkeit zu fokussieren. ADHS-Betroffenen jedoch scheine es aufgrund der starken Konzentrationsschwankungen aber nahezu unmöglich, ihre Aufmerksamkeit so intensiv wie ihre Mitschüler zu bündeln.

EEG-Muster

Die Forscher der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie analysieren deshalb bei den ADHS-Betroffenen die Muster der per Elektroenzephalografie (EEG) aufgezeichneten Hirnströme. Ziel ist es, "die mit der Erkrankung einhergehende Variabilität durch gezieltes Training zurückzudrängen und so die unterschiedlichen Phasen von Müdigkeit und Wachheit zu beeinflussen", so Bender.

Methode Neurofeedback

Eine Methode, unwillkürlich im Körper ablaufenden Prozessen gegenzusteuern, sei das sogenannte Neurofeedback: Die per EEG registrierten Hirnströme werden mit einem Computer sicht- oder hörbar gemacht. Dies bildet die Grundlage für ein Training, um unerwünschtes Verhalten zu stoppen und erwünschtes zu unterstützen. "Es geht darum, die Selbstkontrolle der ADHS-Patienten zu stärken. Ob das mit dem Neurofeedback in der alltäglichen Praxis gelingt, ist zwar noch eine Vision, erste Ergebnisse sind aber viel versprechend", erklärt der ADHS-Experte. Um die wissenschaftlichen Grundlagen für diesen neuen Therapieansatz bei ADHS zu schaffen, laufen zurzeit mehrere Studien an der Kinder- und Jugendpsychiatrie des Uniklinikums, an der sich Betroffene im Alter von sechs bis 18 Jahren beteiligen.

Symposium in Deutschland

Aktuelle Forschungsergebnisse zu Ursachen, Mechanismen und Therapien der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) stehen auch im Mittelpunkt eines von der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden ausgerichteten Symposiums. "ADHS - von der Pathophysiologie zur Therapie" lautet das Thema der am 30. März stattfindenden Veranstaltung. Die Dresdner ADHS-Experten erwarten dazu rund 150 Teilnehmer, die sich anhand von Vorträgen ihrer Fachkollegen aus dem In- und Ausland einen Überblick über den derzeitigen Stand der Erkenntnisse verschaffen möchten. Dabei stellen auch die Wissenschafter der Kinder- und Jugendpsychiatrie Ergebnisse ihrer Arbeit vor. (red, derStandard.at, 27.3.2012)