Schüsse auf dem Balkon. Hier könne man "einfach nur ein Bier genießen", so die Homepage.

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Leoben - "Einem Außenstehenden mögen viele Bräuche etwas suspekt wirken", räumt man auf der Homepage, Pardon: der "Heimseite" der Leobner akademischen Burschenschaft Cruxia ein, "jedoch wird jeder Student, der die Offenheit besitzt, sich darauf einzulassen, mit Freude und Geselligkeit belohnt, die seinesgleichen sucht" (sic!).

Die Cruxia stellt Studenten nur drei Aufnahmebedingungen: "Mann", "deutschsprachig" und " kein Zivildienst". Dafür winkt laut Homepage ein "Couleurhaus" mit " zwölf schönen Einzelzimmern", wo Mitglieder günstig wohnen könnten. Es hat einen Balkon, der an Sommertagen der "Mittelpunkt des Interesses" sei. Hier könne man "lernen, grillen oder einfach nur ein Bier genießen" - und das "mitten in der Leobner Innenstadt".

Genau dieser Balkon macht Anrainern des "Cruxenhauses" seit Jahren Sorgen. "Jahrelang haben sie ihre Schießübungen mit Luftdruckpistolen auf diesem Balkon gemacht", erzählt ein Nachbar, der anonym bleiben will, dem STANDARD, "voriges Jahr war endlich Ruhe, aber heuer haben sie schon wieder angefangen. Jetzt mit einer Armbrust".

Dabei liege die stark frequentierte Waasenbrücke in "Schussweite". Der Nachbar war schon bei der Polizei, schrieb dem Innenministerium und 2011 auch der FPÖ. Warum der FPÖ? "Ich habe geglaubt, Burschenschaften und die FPÖ gehören zusammen", sagt der Mann. Und tatsächlich sei danach "ein paar Monate Ruhe gewesen".

Die Schießübungen fänden tagsüber statt. Da werde auch Bier getrunken. Und auch nachts sei er schon von "schnell aufeinander abgefeuerten Schüssen geweckt worden, die sicher nicht aus einem Luftdruckgewehr gekommen sind", erzählt der Mann. Die Polizei bestätigt auf Nachfrage des Standard, dass wegen der Schießübungen ermittelt wird.

Probeschießen bei der Polizei

"Sollte man eine Gefährdung von Personen feststellten, werden wir das an die Staatsanwaltschaft Leoben weiterleiten", sagt Erich Prenner, Leiter der sicherheits- und kriminalpolizeilichen Abteilung des Stadtpolizeikommandos Leoben. Man müsse dazu natürlich auch erproben, " wie weit so ein Pfeil eigentlich fliegen kann", sagt Prenner, "wir haben ja auch hier in Leoben Schießanlagen, wo wir das ausprobieren können". Obwohl das Hantieren mit der Armbrust doch "eher ungewöhnlich" für seine Beamten sei.

Auf der Bude der Cruxia selbst will man dem STANDARD über die Schießübungen gar nichts erzählen. "Wir geben dazu keinen Kommentar ab", heißt es nur wie aus der Pistole geschossen. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 28.3.2012)