Angeblich noch vor Ostern wird auf der Basis eines Berichts der Staatsanwaltschaft Wien die Justiz entscheiden, ob sie gegen Bundeskanzler Faymann und seinen Staatssekretär Ostermayer Anklage wegen des Verdachts der Untreue in der sogenannten Inseratenaffäre erhebt.

Es gibt ein Tatsachensubstrat und einen hinreichenden Anfangsverdacht. Werner Faymann hat als Infrastrukturminister staatsnahe Firmen wie die ÖBB und die Asfinag, sagen wir, "ermutigt", Unsummen in Inserate für die auflagenstarken Krawallblätter Krone, Österreich und Heute zu stecken. Sein damaliger Kabinettschef Ostermayer war dabei ausführende rechte Hand. Es gibt Aussagen von - ÖVP-nahen - Exmanagern, dass Ostermayer dabei ziemlichen Druck gemacht habe ("ich brauche ein paar Millionen für den Werner").

Als Faymann sich 2008 anschickte, den glücklosen Alfred Gusenbauer abzulösen, überschlugen sich die drei Blätter vor Begeisterung über den "Austro-Obama" (Österreich) Faymann. Dieser wurde damals von einer Woge der - gespielten? - Massenblätterbegeisterung ins Kanzleramt getragen. Auch heute sind die drei Zeitungen, von denen zwei von Mitgliedern der Familie Dichand beeinflusst werden, grundsätzlich eher positiv gegenüber Faymann und der SPÖ eingestellt. Dann gibt es auch den nicht unwichtigen Nebenaspekt, dass auch die rote Gemeinde Wien sehr viel Geld in die drei Zeitungen steckt, von denen zumindest eine nicht ohne diese indirekte Subventionierung überleben könnte.

Ist das alles Untreue und somit strafrechtlich fassbar?

Soviel man weiß, hat die Staatsanwaltschaft Wien keine Aussagen wie "Ich wurde mit dem Verlust meines Vorstandsposten bedroht, wenn ich nicht inseriere" in ihren Akten (einige Manager wurden allerdings gar nicht einvernommen).

Es dürfte auch schwerfallen, einen strafrechtlich verwertbaren Konnex zwischen dem Geldsegen für Dichand, Fellner und Co und der manchmal grotesk huldigenden Berichterstattung und Kommentierung herzustellen. Es wäre daher eine echte Überraschung, sollte die Oberstaatsanwaltschaft (oder die Justizministerin) eine Anklageerhebung empfehlen; oder weitere Erhebungen und Einvernahmen anordnen.

Strafrechtlich wird die Sache für Faymann und Ostermayer nur gefährlich, wenn einer aus dem Beziehungsgeflecht aus irgend einem Grund redet. Das ist nicht ausgeschlossen, aber es gibt derzeit keine Anzeichen dafür. Politisch-moralisch ist die Sache aber eindeutig. Faymann (und auch Häupl) haben zig Millionen Steuerzahlergeld dazu verwendet, um die drei Zeitungen günstig zu stimmen. Der Informations- und Werbewert der Inserate ist bescheiden, oft inexistent (die Presseförderung, die etwa auch DER STANDARD bezieht, ist erstens betragsmäßig weit geringer und zweitens an die Erfüllung überprüfbarer Auflagen gebunden). Die Inserate sind reine Instrumente der politischen Beeinflussung. Dies wird möglicherweise der parlamentarische Untersuchungsausschuss herausarbeiten. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 28.3.2012)