Kuwait - Erstmals in der Geschichte Kuwaits haben Abgeordnete den Regierungschef für eine öffentliche Fragestunde ins Parlament zitiert. Die Parlamentarier befragten Ministerpräsident Scheich Jaber al-Mubarak al-Sabah am Mittwoch zu mehreren Korruptionsfällen, wie das kuwaitische Nachrichtenportal "Al-Aan" berichtete. Dabei ging es vor allem um Zahlungen, die regierungstreue Abgeordnete in den Jahren 2006 bis 2011 erhalten haben sollen.

Bisher hatten derartige Befragungen des Regierungschefs, der traditionell aus der Herrscherfamilie stammt, stets hinter verschlossenen Türen stattgefunden. Mehrfach war die Regierung zurückgetreten, damit der Regierungschef den Abgeordneten nicht Rede und Antwort stehen musste. Die Befragung ist die schärfste Waffe des kuwaitischen Parlaments.

Bei der Parlamentswahl in dem Golfemirat im Februar hatte die islamistische Opposition 34 der 50 Mandate erringen können. Nur zwei liberale Abgeordnete wurden gewählt. Dem Abgeordnetenhaus gehört keine Frau an. Wegen der dynastischen Machtstrukturen haben die Islamisten jedoch keine Chance auf eine Regierungsübernahme.

Der kuwaitische Emir, Scheich Sabah al-Ahmed al-Sabah, hatte das Parlament Anfang Dezember zum vierten Mal innerhalb von sechs Jahren aufgelöst, nachdem sein Neffe Scheich Nasser Mohammed al-Ahmed al-Sabah wegen Korruptionsvorwürfen als Regierungschef zurückgetreten war.

In der Bevölkerung wächst der Unmut über die vornehmlich aus Angehörigen der Herrscherfamilie bestehende Regierung. Das ölreiche Emirat, bis 1961 britisches Protektorat, war im August 1990 vom Irak unter Staatschef Saddam Hussein überfallen und annektiert und im Februar 1991 von US-geführten internationalen Truppen befreit worden. Nach dem irakischen Einmarsch hatte das Herrscherhaus, dessen Vermögen auf mehrere Dutzend Milliarden Dollar geschätzt wird, das kleine Land vorübergehend verlassen müssen. Kuwait ist ein enger Verbündeter der USA und besitzt nach Schätzungen rund ein Zehntel der weltweiten Erdölreserven. Zusammen mit den anderen konservativen Monarchien Saudi-Arabien, Katar, Bahrain, Oman und Vereinigte Arabische Emirate (VAE) bildet Kuwait den Golf-Kooperationsrat (GCC).

Der seit 2006 regierende Emir hatte den Thron bestiegen, nachdem sein Vorgänger Scheich Saad al-Abdallah al-Sabah abgesetzt worden war. Innerhalb des seit dem 18. Jahrhundert herrschenden Sabah-Geschlechts befehden sich zwei Zweige, die auf zwei Söhne des Emirs Mubarak zurückgehen, der das Fürstentum von 1896 bis 1915 regiert hatte. (APA, 28.03.2012)