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Nachdem sich die Forschungssonde Huygens vom Mutterschiff, der Saturnsonde Cassini, getrennt hatte ...

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... landete sie 2005 am Saturnmond Titan - mit an Bord auch Know-how und Geräte aus Österreich.

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Das Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte befindet sich in der Atacama-Wüste in Chile. Es wird oft von den Forschern am Institut für Astro- und Teilchenphysik der Uni Innsbruck benutzt.

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Das unter IWF-Federführung entwickelte Magnetometer umkurvt gerade an Bord einer ESA-Raumsonde die Venus.

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"Dabei bekommen wir Erkenntnisse darüber, wie sich ein Planet verhält, der kein eigenes Magnetfeld hat, das ihn vor Sonnenstürmen schützt", sagt IWF-Direktor Wolfgang Baumjohann.

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Minus 149 Grad Celsius, dazu ständiger Nieselregen aus flüssigem Methan: Es gibt einladendere Planeten als den Saturnmond Titan. Als dort 2005 die von der Erde ausgesandte Raumsonde Huygens in einem spektakulären Sinkflug die Atmosphäre durchbrach, um zur Landung anzusetzen, fieberte man auch in Österreich mit - denn schließlich kamen damit auch Geräte und Know-how "made in Austria" auf dem 1,25 Milliarden Kilometer entfernten Methanschlamm-Boden an.

Die Elektronikbauteile für das zur Mission gehörende Staub- und Aerosole-Sammelgerät wurden genauso hierzulande entwickelt wie die Thermalisolation der Sonde und die Bodentestausrüstung, auch an der Datenauswertung des Massenspektrometers und an Geräten zur Messung elektrischer Größen in der Atmosphäre des Saturnmondes war Österreich beteiligt.

Weltraumforschung auf heimischem Boden

Auch wenn Österreich nicht gerade die Raumfahrt-Nation schlechthin ist, tut sich in Sachen Weltraumforschung auf heimischem Boden doch einiges. Neben dem einzigen Flug eines österreichischen Kosmonauten (Franz Viehböck) im Rahmen des Projekts Austromir 1991 sind in den letzten Jahrzehnten auch zahlreiche Raumfahrt-Missionen unter Beteiligung heimischer Firmen und Forschungsinstitute über die Weltall-Bühne gegangen. Vor allem seit dem Beitritt zur Europäischen Weltraumbehörde (ESA) 1987 waren immer wieder Software, Messinstrumente, Bauteile und Wissenschaftler aus Österreich an Missionen außerhalb der Erdatmosphäre beteiligt, etwa zu Mars ("Mars Express"), Venus ("Venera 13 und 14") und Saturn ("Cassini-Huygens"). 

Eine Erhebung aus dem Jahr 2011 im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie ergab 114 österreichische Organisationen, die im Bereich Weltraum tätig sind, die meisten in Wien und der Steiermark. Von diesen nahmen 74 an der Studie teil - hochgerechnet auf alle Organisationen ergeben sich damit für Österreichs Weltraumindustrie und Forschung ein Gesamtumsatz von 125 Millionen Euro und rund 1.000 Beschäftigte, davon etwa 700 in Forschung und Entwicklung. 36 Studienteilnehmer gaben an, Weltraumforschung zu betreiben, mit insgesamt 476 MitarbeiterInnen. Zu den Wissenschaftsbereichen zählen Sonnensystemexploration, Meteoritenforschung, Präzisionsphotometrie von Sternen, Weltraumplasmaphysik, Mikrogravitationsexperimente und auch Quantenkryptografie.

Forschung direkt im Weltall

Geht es in Österreich um Forschung direkt im Weltall, ist Graz das Zentrum: Das Institut für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften widmet sich seit 1970 der Untersuchung der unendlichen Weiten - und zwar "vor Ort, vom Weltraum aus", wie IWF-Direktor Wolfgang Baumjohann es ausdrückt. Die Kerngebiete des Instituts: Instrumente bauen und Daten auswerten. Messgeräte des IWF werden von Satelliten der ESA oder der US-Raumfahrtbehörde NASA ins Weltall gebracht, wo sie dann das Weltraumplasma untersuchen.

Zurzeit werden vom IWF drei Instrumente für eine NASA-Mission entwickelt - dabei konnte man sich bei der Ausschreibung als größter nichtamerikanischer Partner etablieren. In den letzten Jahrzehnten gelang es immer wieder, internationale Weltraumprojekte an Land zu ziehen, die klingende Namen wie "Deep Space One", "Juno" und "Rosetta" tragen, auch bei der Huygens-Mission am Titan war man beteiligt. 2015 wird das IWF bei einer Mission der ESA und der Japanischen Weltraumagentur zum Planeten Merkur mitmachen.

Voraussetzungen für die Forschungskarriere

Um in einem so internationalen Umfeld arbeiten zu können, sind gute Englischkenntnisse unabdingbare Voraussetzung - neben den entsprechenden Fachkenntnissen. Am IWF besteht der Großteil der über 80 Mitarbeiter aus Physikern und Ingenieuren - viele kommen im Rahmen eines Doktorats- oder Postdoc-Studiums von der Technischen Universität (TU) oder der Universität Graz. 

Als Weltraumforscher muss man oft auch ein gewisses Maß an Reisebereitschaft mitbringen: etwa um an internationalen Konferenzen und Treffen mit den Missionspartnern teilzunehmen oder zu speziellen Teleskopen nach Afrika oder Südamerika zu fahren. Das ist regelmäßig der Fall bei den Mitarbeitern des Instituts für Astro- und Teilchenphysik der Universität Innsbruck.

Dort erforscht man weit entfernte Galaxien - allerdings von der Erde aus, denn das Hinfliegen ist bei Distanzen von Millionen Lichtjahren nicht möglich. "Der Blick in solche Galaxien ist gleichzeitig ein Blick zurück in die Zeit. Wir erforschen daher auch die Entwicklung des Universums", sagt Vizerektorin Sabine Schindler. Dafür bedient man sich Teleskopen mit entsprechender Reichweite der Europäischen Südsternwarte (ESO), der Österreich vor vier Jahren beigetreten ist. Diese stehen inmitten der Atacama-Wüste in Chile, die Weltraumforschern ideale Bedingungen bietet: trockenes Klima, absolute Dunkelheit in der Nacht. Die Teleskop-Bilder bekommen die Innsbrucker Weltraumforscher auf elektronischem Weg übertragen, manchmal treten sie auch die Reise in die chilenische Wüste an.

Durchsetzungsvermögen im internationalen Kontext

Neben den wissenschaftlichen muss man sich freilich auch mit erdigen Problemstellungen herumschlagen: "Die internationalen Teleskope sind vielfach überbucht, da gibt es Zeitpläne, wann welches Institut sie benutzen darf. Wir müssen kompetitive Anträge schreiben, damit wir mit diesen Teleskopen beobachten können", erklärt Schindler. Neben der Galaxien-Erkundung wird in Innsbruck auch noch an der Beeinflussung des Sternenlichts geforscht, die es auf seinem Weg vom Stern zum Teleskop durch die Erdatmosphäre erfährt. Ein weiteres Forschungsgebiet ist die Astroteilchenphysik, jene Wissenschaft, die sich mit hohen Energien beschäftigt, wie sie etwa von Schwarzen Löchern ausgesendet werden - auch hier wieder mit weltweiten Partnern, in diesem Fall im Rahmen der H.E.S.S.-Kollaboration.

Österreichische Nanosatelliten

2012 steht der heimischen Weltraumforschung eine wichtige Premiere bevor: Die ersten österreichischen Nanosatelliten werden ins All geschickt. "TUGSAT 1", ein Gemeinschaftsprojekt von TU Graz und Universität Toronto, und "UniBRITE", der im Auftrag der Universität Wien vom Space Flight Laboratory der Universität Toronto entwickelt wurde. Die Mini-Satelliten sollen mit einer indischen Rakete in ihre Umlaufbahn (in einer Höhe von 800 Kilometern) gebracht werden und dann Helligkeitsschwankungen von Sternen vermessen. 

Wer sich für Weltraumforschung interessiert, hat in Graz die Möglichkeit, das Masterstudium "Space Sciences and Earth from Space" zu absolvieren - eine österreichweit einzigartige, technisch-naturwissenschaftliche Ausbildung, die 2011 gemeinsam von der Universität und der Technischen Universität eingerichtet wurde. Eine weitere Möglichkeit, mit der Materie vertraut zu werden, ist die Sommerschule in Alpbach: Jedes Jahr wird dort 60 jungen Doktoranden, Wissenschaftlern und Ingenieuren ermöglicht, sich zehn Tage lang vertiefenden Studien der Weltraumforschung zu widmen. Für zehn ausgewählte TeilnehmerInnen stellt die Agentur für Luft- und Raumfahrt der Forschungsförderungsgesellschaft Teilnahmestipendien zur Verfügung. (Jutta Kalian, derStandard.at, 2.4.2012)