AK-Theater

Foto: Robert Schediwy

Die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien (AK), nach Eigendefinition ein "wichtiger politischer Akteur beim Zustandekommen von Gesetzen in den Bereichen Arbeitsrecht, Sozialpolitik und Preispolitik/Konsumentenschutz" und wesentlicher Eckpfeiler der nationalen Sozialpartnerschaft, baut sich ein weiteres neues Haus in Wien 4, Plösslgasse 2.

Dieses ist laut Ausschreibung der AK nach den Grundsätzen der Gesetzmäßigkeit, der Wirtschaftlichkeit, der Sparsamkeit und der Zweckmäßigkeit zu errichten. Doch was heißt das? Wie kann die taxierte Leistung inhaltlich konkret definiert werden?

Im Sinne des Gemeinwohls

Als dem öffentlichen Sektor zugerechnet, agiert die AK, wie alle Kammerorganisationen und operativ tätige Verwaltungsbehörden auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene, einschließlich deren in AGs und GmbHs ausgelagerten Betrieben, ex lege im Aufgabenfeld des öffentlichen Gemeinwohls. Steuermittel auf Staatsebene und Zwangsmitgliedsbeiträge bei den Kammern bilden neben den oft beträchtlichen öffentlichen Vermögenswerten die wirtschaftliche Basis für das Handeln der RepräsentantInnen und ihrer Stäbe.

Österreich zählt zu den wirtschaftlich erfolgreichen Ländern mit hoher sozialer Dichte und versteht sich in der Eigendefinition als Kulturnation. Neben der klassischen Güterproduktion wächst dabei besonders die Bedeutung geistiger Dienstleistungen und der dafür vorgeschalteten Bildungsstätten. Beiden kommt, obwohl schwer im Bruttonationalprodukt direkt abbildbar, eine immer größere Bedeutung zu, diese superiore Stellung unseres Gemeinwohls zu halten und eventuell weiter ausbauen zu können.

Kernanliegen des Vergaberechtes

Öffentliche Aufträge übernehmen in der Wirtschaftssteuerung seit je her eine überproportionale Bedeutung. Ging es in der Ära des erstarkenden Wirtschaftswunders der 1960er Jahre um quantitative Zuwächse an Produktionsgütern, die die Bauwirtschaft neben der Schwerindustrie als Leitinstrument für Vollbeschäftigung und wachsenden Wohlstand in den Fokus gemeinwohlorientierter Steuerung stellten, sind es heute innovative Prozessansätze und das Neudenken unserer Umwelt. Ein EU-weites Vergaberecht versucht im Bereich der geistigen Leistungen durch Sicherungsmaßnahmen für Transparenz, Qualitätskriterien und offenen Wettbewerb immaterielle Leistungen im öffentlichen Sektor zu objektivieren und zu optimieren und so das volle Potenzial an Lösungskraft für das Gemeinwohl zu erschließen. Die Verbesserung der Bestellqualität bei geistigen Leistungen ist dabei ein Kernanliegen des Vergaberechts.

Schlechte Voraussetzungen für einen Findungsprozess

Umso enttäuschender ist festzustellen, dass sich die AK bei ihren Vorbereitungen zur Neubebauung von Plösslgasse 2 abseits dieser Zielsetzungen bewegt. Das gesetzlich vorgeschriebene Auslobungsverfahren zeigt eine Lösung, die es nicht schafft, in einer ganzheitlich wirksamen Generalplanungsaufgabe die Rahmenbedingungen für die Generierung geistiger Leistungen von ArchitektInnen und IngenieurInnen vollinhaltlich zusammenzufassen.

Das Verfahren, begleitet von einem Verfahrensorganisator, der bereits im Generalplanerverfahren für die Funktionssanierung des Wiener Ronachers 2005 unglücklich agiert hat (die Ausloberin musste in letzter Minute korrigierend eingreifen - hier nachzulesen), konnte durch vergaberechtlich fragwürdige Verfahrens- und Aufgabendefinitionen keine Freigabe der zuständigen Berufsvertretung erreichen. Die denkbar schlechteste Voraussetzung für einen auf Gesetzmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit auszurichtenden Findungsprozess.

Schwerpunkt auf die Fassadengestaltung

Die Planungsaufgabe wurde nun als ein Verhandlungsverfahren ausgeschrieben, das grobe Verletzungen des Best-Practice-Ansatzes aufweist. Die inhaltliche Aufgabenstellung wird gegenüber fachlich üblichen Rahmenbedingungen eingeschränkt und marginalisiert.

Statt Rahmenbedingungen für die städtebauliche Gesamtlösung vorzugeben, wird bei dem Bauteil Plösslgasse 13 (bestehender Bau) der Schwerpunkt auf die Fassadengestaltung gelegt. Ein Raumprogramm für die Gebäudeplanung dieses Bauteils wird in der 1. Stufe erst gar nicht zur Verfügung gestellt.

Die Ausschreibung nennt auch keine klaren und mit Gewichtung versehenen Beurteilungskriterien für die Jury, üblicherweise ein vergaberechtlicher Standard. Die Jury droht in eine Freistilveranstaltung abzugleiten, ohne schriftlich festgehaltene Zielvorgaben und Bewertungskriterien, nur auf persönliche Erfahrungen und Interessenlagen der Jurymitglieder aufbauend.

Unpräzise Vorgaben

Dafür besteht die AK ab der 2. Stufe auf ein nicht anonymes Verfahren, in dem sie sich dann mit den verbliebenen acht Teams in einem "Dialog" zu bisher nicht präzisierten Fragestellungen einigen will und am Ende ein erstgereihtes Generalplanungsteam durch die Jury bestimmt wird. Doch auch wenn das vis-à-vis entspricht, ist die AK weiter nicht bereit, sich inhaltlich daran zu binden. "... entschließt er (die AK, Anm.) sich, das Projekt in anderer Form umzusetzen, so sind alle Ansprüche des Teilnehmers bzw. des Bieters durch das Preisgeld bzw. die Aufwandsentschädigung abgedeckt." Man ist durch die unpräzisen Vorgaben der Ausloberin versucht, der AK zur Auslobung eines Ideenwettbewerbs zu raten.

Es findet sich in der Auslobung auch die fachlich nicht zu rechtfertigende Weigerung, das ausgewählte Generalplanungsteam grundsätzlich mit der gesamten Umsetzung der Planung zu betrauen, auch hier wurde die Flucht in eine Optionsbestimmung angetreten und damit signalisiert, dass der Planungsprozess ohne notwendige Begründung der AK auch zerstückelt werden kann.

Jedenfalls ist eine Beauftragung des Generalplaners über die Einreichplanung hinaus von der Zustimmung der internen AK-Gremien und der Einhaltung einer in der Auslobung nicht angegebenen Kostenobergrenze abhängig.

Diese Sonderform eines Verhandlungsverfahrens durch eigenwillige Neuinterpretation von gesetzlichen Vergabebestimmungen hält nichts von innovativen Projektansätzen und das Neudenken unserer urbanen Umwelt. Sie scheint im Wesentlichen auf die Verlängerung der Entscheidungsbeliebigkeit der Delegierten einer öffentlichen Körperschaft abgestellt zu sein.

Faktum ist, dass seitens der Ausloberin zum Zeitpunkt der Auslobung wesentliche Vorleistungen die in ihrer Eigenverantwortung liegen, nicht erbracht wurden. Es erscheint fraglich, ob die auf sich allein gestellte Jury dieses Verfahren Kraft ihrer individuellen persönlichen Kompetenzen noch ins Positive wenden kann.

Mehr Transparenz gefordert

Die IG Architektur fordert eine radikale Verbesserung der Bestellqualität der AK im konkreten Fall und der VertreterInnen der öffentlichen Hand im allgemeinen, die von einem gemeinschaftlichen, transparenten, lösungsorientierten und umsichtigen Vorbereitungs- und Umsetzungsprozess getragen wird.

Dazu ist es notwendig, die gesellschaftspolitische Relevanz von Leistungen für das Gemeinwohl unter dem Gesichtspunkt von Gesetzmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit ernsthaft zu betreiben und Schnittstellen und Abgrenzung zu rein gewinnorientierten Markt- und Machtmechanismen zu erkennen und sich entsprechend zu positionieren. (Johannes Zeininger, Bruno Sandbichler, derStandard.at, 3.4.2012 )