Wien - Im Korruptions-U-Ausschuss schwelt ein heftiger Konflikt zwischen den Oppositions- und den Regierungsfraktionen. Der Grund: SPÖ und ÖVP haben im Korruptions-U-Ausschuss gegen die Stimmen der Opposition die kommenden Zeugenladungen beschlossen.

FPÖ, Grüne und BZÖ werden als Antwort auf das Vorgehen der Regierungsfraktionen nach Ostern den Nationalrat zu einer Sondersitzung einberufen. Sie soll die Tiroler ÖVP zum Thema haben. Dabei wird es um die Wahlkampffinanzierung der ÖVP-Abgeordneten Karin Hakl durch den Telekom-Lobbyisten Peter Hochegger und die umstrittenen Jagdeinladungen für Tirols Landeshauptmann Günther Platter gehen. Das Thema ist nicht zufällig gewählt, in Innsbruck finden am 15. April Gemeinderatswahlen statt. Dieser Sondersitzung sollen weitere folgen. Die Opposition hofft, dadurch die Regierung öffentlich unter Druck zu bringen, und sie drohen mit weiteren Sondersitzungen.

Ausschuss-Ende vor Jahreswechsel

Es zeichnet sich auch jetzt schon ab, dass SPÖ und ÖVP den U-Ausschuss in diesem Jahr noch beenden wollen. Sie haben für Mitte April schon die ersten Zeugenbefragungen für das zweite Untersuchungsthema, die Buwog-Privatisierung, beschlossen. Zum bisherigen Thema Telekom werden am 11. und 12. April Arno Eccher, Michael Richter, Monika Langthaler, Heinz Lederer, Stefan Krenn, Thomas Scheiner, Peter Hochegger und Rudolf Fischer geladen. Dieser Komplex ist aus Sicht von SPÖ und ÖVP damit vorerst abgeschlossen.

Am 17. April wollen SPÖ und ÖVP zum Thema Buwog übergehen und haben gleich zu Beginn Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und dessen Ex-Mitarbeiter Michael Ramprecht, der in dieser Causa als Belastungszeuge gegen Grasser auftritt, sowie zwei Rechnungshof-Mitarbeiter geladen.

Moser: "Klima eisig"

Ausschussvorsitzende Gabriela Moser bedauert die jüngste Entwicklung. Sie bezeichnete das Klima als "eisig". Moser glaubt, dass die Qualität des Ausschusses darunter leiden wird. Denn die Erfolgsaussichten seien nun "etwa geringer" und die Arbeit habe sich "erschwert".

Das Vorgehen von SPÖ und ÖVP wurde vom SPÖ-Fraktionsführer Hannes Jarolim begründet. Sein ÖVP-Kollege Werner Amon, der selbst Teil der Untersuchung ist, stellte sich nach der Ausschusssitzung, die am Rande der Nationalratssitzung stattfand, nicht den Medien. Jarolim meinte, dass man die Befragungen straffen müsse. Die "Causa Amon nochmals aufzukochen", wie von der Opposition gewünscht, hält er für "etwas überschießend". Dabei geht es um Telekom-Zahlungen für eine ÖAAB-Zeitung zu einem Zeitpunkt als Amon Generalsekretär des VP-Arbeitnehmerbunds war. 

Umstrittene Themen

FPÖ, Grüne und BZÖ werfen SPÖ und ÖVP "Blockade" und "Vertuschung" vor, weil sich diese weigern, für die Opposition wichtige Zeugen zu laden, um unter anderem Geldflüsse von der Telekom zum ÖAAB und in Richtung Tiroler ÖVP sowie mögliche Geldflüsse anderer Großunternehmen wie Raiffeisen, OMV, Post und Verbund in Richtung Volkspartei zu klären. Bei den umstrittenen Zeugen geht es konkret um den ÖAAB-Organisationsreferenten Rudolf Habeler (im Zusammenhang mit Geldflüssen von der Telekom an den ÖAAB) sowie den früheren Chef der Werbeagentur Headquarter und heutigen Tiroler VP-Geschäftsführer Martin Malaun (im Zusammenhang mit Wahlkampffinanzierung der ÖVP-Abgeordneten Karin Hakl durch den Telekom-Lobbyisten Peter Hochegger) sowie um Christian Pöttler vom Echo Medienhaus (im Zusammenhang mit Geldflüssen vom Telekom-Lobbyisten Peter Hochegger) und den Wiener Teppichhändler Ali Rahimi, der sich um Telekom-Geld für die SPÖ bemüht haben soll.

"Nicht öfter als einmal pro Woche"

Die Kettensitzungen sollen in relativ kurzen Abständen stattfinden, "aber nicht öfter als einmal pro Woche", meinte Pilz. Er erinnerte die Regierung zudem daran, dass es zu einer neuerlichen Blockade bei Zweidrittel-Materien kommen können. Damit "drohen" wollte er aber noch nicht. Derzeit verhandelt die Regierung, die für eine Zweidrittel-Mehrheit die Stimmen mindestens einer Oppositionspartei braucht, mit den Grünen über deren Zustimmung zum Euro-Rettungsschirm ESM.

Rosenkranz, Pilz und Petzner warfen SPÖ und ÖVP vor, sich gegenseitig zu decken und ein "groß angelegtes Parteienfinanzierungssystem" verschleiern zu wollen. Wenn die Regierungsparteien die Aufklärung im U-Ausschuss verhindern wollen, werde man daher diese Themen mit Nationalratssondersitzung an die Öffentlichkeit bringen. "Das kann die Regierung gerne haben", so Rosenkranz. Die drei Oppositionsparteien können gemeinsam beliebig viele Sondersitzung einberufen.

Causa Telekom unterbrochen

 Die Fraktionsführer von SPÖ und ÖVP, Hannes Jarolim und Werner Amon, haben am Donnerstag eine Liste ohne die gewünschten Personen vereinbart und werden diese notfalls auch ohne Zustimmung von FPÖ, Grünen und BZÖ beschließen. Die Causa Telekom soll - nach zwei weiteren Tagen - unterbrochen und erst am Schluss fortgesetzt werden, weil der Kronzeuge Gernot Schieszler auf Wunsch der Justiz noch nicht befragt werden kann.

Man versuche, den Ausschuss "inhaltlich abzudrehen", empörte sich die Opposition darüber, dass der ÖVP unangenehme Themen nicht durchgenommen würden.

Dies sei nicht der Fall, meinte Amon, es gehe vielmehr darum, die Themenliste "zügig abzuarbeiten". Und somit bleiben SPÖ und ÖVP dabei: Die verlangten Zeugen werden nicht geladen, nur der frühere ÖVP-Mitarbeiter Stefan Krenn.

"Parteipolitische Angelegenheit"

Für Jarolim ist es nicht sinnvoll, Habeler zu befragen, weil der Sachverhalt bekannt sei und die Justiz untersuche. Zudem würde man mit den ÖAAB-Geldflüssen "am Thema vorbeigehen, die politische Verantwortung zu prüfen". Amon, dessen Immunität am Donnerstag für die Untersuchungen in dieser Causa aufgehoben wird, sieht genau das als Argument gegen die Befassung des U-Ausschusses: Ausgeliefert werde, weil kein politischer Zusammenhang bestehe. Hier gehe es nicht um die Kontrolle von Exekutivorganen, sondern eine "rein parteipolitische Angelegenheit", hielt er der Opposition entgegen.

Jarolim hätte zwar "lieber Einstimmigkeit" bei der Ladung der Zeugen, "aber wenn wir so weiter tun, sind wir in zwei Jahren nicht fertig". Derzeit stehe man vor dem Problem, dass der Ausschuss "extrem ausufert". Deshalb müsse man überlegen, welche Auskunftspersonen wirklich relevant sind. Denn Ziel müsse schon sein, bis September/Oktober mit den Befragungen fertig zu sein.

Telekom-Thema wird unterbrochen

Also werden für den 11. April Arno Eccher, Michael Richter, Monika Langthaler, Heinz Lederer und Stefan Krenn geladen, für den 12. April Thomas Scheiner, Peter Hochegger und Rudolf Fischer. Dann wird das Thema Telekom unterbrochen - und erst nach Abhandlung aller anderen Themen im Herbst wieder fortgesetzt. Das begründen Jarolim und Amon damit, dass die Staatsanwaltschaft neuerlich den Termin verschoben habe, ab dem der U-Ausschuss den "Kronzeugen" Schieszler befragen kann. Ohne diese Aussage könne man den Komplex aber inhaltlich nicht abschließen.

Am 17. April beginnt der U-Ausschuss damit mit dem Thema BUWOG. Da werden zunächst zwei Rechnungshof-Beamte befragt, die dazu Berichte verfasst haben. (APA, 29.3.2012)