Wien - Rund 200 Seiten umfasst das Schreiben, das ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz Donnerstag kurz vor Mitternacht an die Arbeitsgruppe des Stiftungsrats verschickt hat. Vorschläge waren gefragt, ob der ORF sein schwer baufälliges Haus am Küniglberg sanieren soll oder doch besser ein Neubau in St. Marx angegangen werden soll. Die Antwort der ORF-Führung lautet: Unentschieden.

Auf den ersten Blick sprechen die langfristigen Zahlen derzeit eher gegen einen Neubau des ORF-Zentrums in Wien-Landstraße. 1,49 Milliarden Euro würde der Neubau inklusive der laufenden Betriebskosten gerechnet auf 35 Jahre kosten. Die Kosten für Sanierung und einen konsolidierten Betrieb auf dem Küniglberg wären im gleichen Zeitraum mit 1,37 Milliarden Euro um 120 Millionen Euro günstiger.

Wrabetz gegen Drei-Standort-Variante

Die derzeitige Drei-Standort-Variante schließt Wrabetz dezidiert aus. Die Häuser in der Argentinierstraße (Funkhaus) und in Heiligenstadt (Ö3) sollen fallen. Wrabetz empfiehlt einen Sitz für Fernsehen, Radio und Online. Ein einheitlicher Standort entspreche einem weitgehenden Konsens der ORF-Führungsmannschaft.

Anders dürfte dies der ORF-Betriebsrat sehen, der die aktuellen Standorte beibehalten will. Die nackten Zahlen sprechen dafür. Auf 35 Jahre gerechnet würde die Drei-Standort-Variante etwa 1,24 Milliarden Euro kosten.

Weniger Personal

An einem einzigen Standort wird es weniger Personal geben, lässt Wrabetz deutlich durchblicken. Der Personalaufwand des ORF beträgt derzeit 280 Millionen Euro. Errichtet man das Zentrum am Küniglberg, wäre mit jährlichen Einsparungen von 1,5 Prozent zu rechnen, in St. Marx sogar mit 2,75 Prozent.

Um eine letztgültige Entscheidung für oder gegen St. Marx oder den Küniglberg zu treffen, will Wrabetz prüfen lassen, ob und in welchem Ausmaß die Baukosten für St. Marx reduziert werden.

Die Arbeitsgruppe des Stiftungsrats wird am 10. April darüber beraten. Die endgültige Entscheidung fällt im Stiftungsrat laut aktuellem Zeitplan spätestens Ende Juni. Die Wiener SPÖ forciert den Umzug. Die ÖVP plädiert für die kostengünstigere Variante Küniglberg. (prie, APA, DER STANDARD, 31.3./1.4.2012)