Dass sich Briten und Franzosen in einer herzlichen Hassliebe verbunden sind, ist nicht neu: Die ersten Aversionen dieser Art dürften 1066 bei der Schlacht von Hastings entstanden sein, wo die Normannen aus Frankreich die Angelsachsen schlugen. Heute noch macht sich The Economist ein Vergnügen daraus, dem gallischen Gockel eins auf die Federpracht zu geben, zumal dieser so gar nicht den liberalen Rezepten des Londoner Vordenkermagazins gehorchen will.

Diesmal retouchierten die Briten Manets Gemälde "Déjeuner sur l'herbe": Nicolas Sarkozy und François Hollande turteln darauf mit einer nackten Dame, die in britischer Vorstellung nur die Marianne sein kann, die Verkörperung Frankreichs. Dazu die Headline: "Frankreich in Selbstverleugnung. Die frivolste Wahl des Westens." Im dreiseitigen Text wird ausgeführt, Frankreichs Präsidentschaftskandidaten verneinten die gravierendsten Probleme des Landes, so die miese Wettbewerbsfähigkeit, die hohe Arbeitslosigkeit, die noch höhere Steuerlast und die geradezu horrende Staatsschuld. Würde der Sozialist François Hollande Präsident, prophezeit The Economist ein Desaster, im Fall der Wiederwahl von Nicolas Sarkozy eine neue Euro-Krise; nur François Bayrou – der wohl ohnehin nie Präsident wird – findet in London ein Minimum an Gnade, weil er die Staatsausgaben um 50 Milliarden Euro kappen will.

Wie immer, wenn The Economist Frankreich-Bashing betreibt, folgt die Reaktion auf dem Fuss. Im Figaro, dessen Online-Ausgabe als erste die Economist-Ausgabe auf Französisch übertrug, gab es am Freitag binnen Stunden Zehntausende von Klicks und Hunderte von Reaktionen. Viele entrüstet: "Die Engländer wollen sich noch heute für Hastings rächen." Andere verständnisvoll: "Die Kandidaten haben – wie die Franzosen generell – das gravierende Ausmass der Lage noch nicht realisiert." Einer mit gutfranzösischem Doppelsinn: "Die Franzosen haben durchaus kapiert, aber sie wissen auch, dass die Kandidaten vor einer Wahl nie die Wahrheit sagen."

Viele Franzosen kontern mit schwarzem, das heisst echt britischem Humor. Eine Französin, die sich bewusst als solche outet, gibt den alten Joke zum besten: "Warum haben die Franzosen den Hahn als Emblem gewählt? Weil es das einzige Getier ist, das auch dann singt, wenn seine Füsse im Mist stecken."

Ein Landsmann erinnert an den Spruch des legendären französischen Komikers Coluche: "Frankreich geht es besser! Einverstanden, nicht besser als das letzte Jahr, sondern besser als das nächste Jahr."

Ein weiterer bringt es noch kürzer (und aktueller): "Was ist der Unterschied zwischen Griechenland und Frankreich? Zwei Jahre."

Sagt da noch jemand, die Franzosen seien nicht in der Lage, sich und ihr Selbstbewusstsein auf die Schippe zu nehmen?