Hamburg - Die vergangenen Wochen gaben einen Vorgeschmack: Dieser Sommer könnte außergewöhnlich heiß werden - Meteorologen würde es nicht überraschen. Denn das vergangene Jahrzehnt war das wärmste seit Beginn der modernen Wetteraufzeichnungen (siehe auch THEMA im STANDARD vom vergangenen Wochenende). Auch deshalb gilt jeder neue Hitzerekord als Vorbote einer außergewöhnlichen Klimaerwärmung. Dabei ist es gar nicht lange her, als es auf der Erde noch wärmer war.

Forscher konnten nun erstmals nachweisen, dass es im Mittelalter von 800 bis 1300 weltweit wärmer war als heute. Es ist bekannt, dass es im so genannten Mittelalterlichen Klimaoptimum in Grönland grünte - daher der Name. Und in England florierte der Weinanbau. Bisher jedoch galt die Warmphase bei vielen Klimaforschern als beschränkt auf den Nordatlantik und Europa. Zudem wurde sie nicht als wärmer eingestuft als heute. Wissenschafter der Harvard-Universität werteten 240 Klimastudien aus und berichten im Climate Research Journal von einem anderen Resultat. Die Forscher um den Physiker Willie Soon trugen Ergebnisse aus allen möglichen "Klimaarchiven" zusammen - etwa aus Baumringen, Gletschern, Korallen, Pollen, historischen Aufzeichnungen, Tropfsteinen, Flussablagerungen und aus Bohrkernen aus Ozeanböden, Seeschlick oder Eis.

"Alle berücksichtigten Studien geben Auskunft über das Klima in einer Region zu einer bestimmten Zeit", sagt Soon. "Wir haben das Puzzle für die letzten tausend Jahre zusammengesetzt. So erhalten wir einen Überblick des weltweiten Klimas in dieser Zeit."

Das Klima war demnach größeren Schwankungen ausgesetzt. Im Klimaoptimum erblühte die Landwirtschaft, Hungersnöte in Europa wurden selten. "Entgegen bisheriger Vermutungen war es damals in den meisten Regionen der Welt wärmer als heute", berichtet Soon. Die Temperaturen lagen im Jahresmittel um 1,5 Grad höher als heute.

Ab etwa 1300 wurde es kälter. Im heutigen Österreich standen am 2. Mai 1303 die Bauern vor ihrem erfrorenen Saatgut und ahnten nicht, wie hart die Zeiten noch werden sollten. Es folgte die "Kleine Eiszeit": Die Temperaturen lagen um mehr als zwei Grad unter den heutigen. Erst am Ende des 19. Jahrhunderts wurde es stetig wärmer.

Die genaueren Kenntnisse über das Klima der vergangenen tausend Jahre würden helfen, Computermodelle zu verbessern, ist Soon überzeugt. Je besser die Modelle das Klima der Vergangenheit nachbilden könnten, umso exakter würden Vorhersagen. (Axel Bojanowski/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17 .6. 2003)