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Viele Selbstständige blicken in eine unsichere Zukunft.

Foto: APA/Oliver Berg

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Wien - Unternehmer im klassischen Sinn sind sie nicht. Sie haben keine Mitarbeiter und nur wenige oder sogar nur einen Auftraggeber. Die Rede ist von den Ein-Personen-Unternehmen (EPUs), die bereits 56 Prozent der Wirtschaftskammer-Mitglieder ausmachen. Um dieser geänderten Arbeitsrealität zumindest teilweise Rechnung zu tragen, wurde 2009 die Möglichkeit einer Arbeitslosenversicherung für Selbstständige eingeführt.

Das Modell ist aber auch mehr als drei Jahre nach Inkrafttreten alles andere als ein Heuler, wie eine parlamentarische Anfragebeantwortung des Sozialministeriums zeigt. 2011 sind österreichweit nur 99 Selbstständige der Arbeitslosenversicherung beigetreten, im Jahr davor waren es 105. Im ersten Jahr, also 2009, haben immerhin mehr als 700 Leute in das Modell hineinoptiert. Knapp 400 Betroffene haben bereits Arbeitslosengeld bezogen.

Von einem kompletten Flop will man in der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA) trotzdem nicht sprechen. Ein beträchtlicher Teil der Selbstständigen habe nämlich noch aus früheren unselbstständigen Jobs Anspruch auf Arbeitslosengeld, sagte SVA-Vizechef Peter McDonald zum STANDARD. Genaue Zahlen gibt es zwar nicht, McDonald geht aber von rund 90 Prozent aus.

Blieben aber noch immer mehr als 30.000 Unversicherte - beziehungsweise nur drei Prozent dieser Zielgruppe zahlen freiwillig in die Arbeitslosenversicherung ein. Stellt sich die Frage, ob angesichts dieser Zahlen die angebotenen drei Modelle (zwischen 74 und 222 Euro im Monat) nicht zu teuer sind. Schließlich macht ein Viertel der EPUs nur zwischen 10.000 und 30.000 Euro Umsatz im Jahr. McDonald dazu: "Diesen Schluss würde ich nicht ziehen. Wir glauben, dass die Notwendigkeit nicht größer ist." Nicht jeder Unternehmer brauche eine Arbeitslosenversicherung.

Kompliziertes System

Ganz unkompliziert ist das System freilich auch nicht. Wer schon vor 2009 selbstständig war, musste sich noch 2009 für das Optieren entscheiden, die nächste Möglichkeit besteht erst 2017. Wer nach 2009 zur SVA kommt - pro Jahr sind das 45.000 bis 50.000 Leute - muss sich binnen sechs Monaten festlegen, ob er arbeitslosenversichert sein will. Die sozialrechtliche Absicherung der Selbstständigen ist seit längerem Thema. Zuletzt gab es wiederholt Berichte über Probleme bei der Krankenversicherung bzw. dem damit verbundenen 20-prozentigen Selbstbehalt.

Ein Fünftel der Versicherten wurde laut den Grünen im Vorjahr wegen Zahlungsproblemen von der SVA gemahnt, ein Zehntel exekutiert. Bis zum Sommer will die SVA nun gemeinsam mit Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) Vorschläge erarbeiten, wie den Ich-AGs bei finanziellen Problemen mit der Krankenversicherung unter die Arme gegriffen werden kann. Die Arbeitslosenversicherung ist dabei aber kein Thema - diese wird laut Ministerium frühestens 2016 evaluiert.

Angespannter Jobmarkt

Generell bleibt die Lage am Jobmarkt weiter angespannt, wie die aktuellen Arbeitslosenzahlen für den März zeigen. 332.212 Menschen befanden sich zum Ende des Monats auf Jobsuche. Im Vergleich zum März 2011 bedeutet das einen Anstieg um 3,1 Prozent. Seit August des Vorjahres gibt es wieder eine steigende Tendenz. Lediglich im Jänner war witterungsbedingt ein positiver Ausreißer zu verzeichnen.

Den größten Anstieg bei der Arbeitslosigkeit gab es im März bei behinderten Personen (plus 14,5 Prozent), bei Leiharbeitern (plus 12,8 Prozent) und Ausländern (plus 11,8 Prozent). Nach Bundesländern betrachtet, konnten sich nur Tirol und Vorarlberg dem negativen Trend entziehen. Diese beiden Ländern profitierten von der recht gut gelaufenen Tourismussaison.

Ein Phänomen setzte sich auch im März fort: Nicht nur die Zahl der Arbeitslosen steigt, sondern auch jene der Beschäftigten (plus 57.000). Das hängt vor allem damit zusammen, dass ältere Beschäftigte länger am Jobmarkt bleiben (müssen) und wegen der in den vergangenen Jahren doch etwas ausgebauten Kinderbetreuungseinrichtungen mehr Frauen erwerbstätig sind. (Günther Oswald, DER STANDARD, 2.4.2012)