Zeugen einer maroden Wirtschaft: Nach Ende des Immobilien-Booms schmücken viele halbfertige Gebäude die Strände und Buchten Spaniens - wie hier zwischen Garrucha und Carboneras.

Foto: Rowin Höfer

Ein einziger Golfplatz benötigt jährlich so viel Wasser wie eine Stadt mit 20.000 Einwohnern - auch die Mittel, um den Rasen zu pflegen, sind keineswegs unbedenklich.

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Feierlich und auch etwas erschöpft posieren wir nach fast 4.000 Gehkilometern am heimischen Kontinent vor dem Leuchtturm am Europa Point in Gibraltar.

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Dromedare in Großstädten kannten wir bisher noch nicht, doch in Marokko gibt es diese Tiere des Öfteren zu sehen.

Foto: Rowin Höfer

Auch ein ganz unerwartetes Landschaftsbild bekamen wir in Marokko zu Gesicht - grüne Felder und grasende Tiere, ob im Hügel-, Berg- oder Flachland.

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Da allerorts viel mehr Menschen unterwegs sind als bei uns, müssen wir uns bei der Suche nach einem halbwegs sicheren Nachtlager schon etwas mehr Mühe geben und landen nicht selten in Kanälen oder Abflussrohren - was aber auch nichts macht.

Foto: Rowin Höfer

Was für ein Kontrast: vom luxuriösesten Küstenstreifen Europas ins bescheidene Landesinnere von Marokko, von Hotelburgen zu Strohhütten, von Golfplätzen zu Bohnenfeldern, von grauen Einkaufszentren zu bunten Marktplätzen und von Nobelschlitten auf Schnellstraßen zu Eseln und Pferden auf Feldwegen. Bestimmt ließe sich die Liste der Unterschiede noch endlos weiterführen, doch wir wollen lieber über Einzigartiges der vergangenen Wochen berichten.

Es war außerordentlich gemütlich, wochenlang an der spanischen Küste entlangzuwandern - schön, warm, bequem und lebhaft. War es in manchen Gegenden nicht so belebt, erzeugten leerstehende Bauten zumindest von Weitem einen solchen Eindruck. Bei genauerer Betrachtung dieser Ruinen war jedoch zu erkennen, dass die halbfertigen Appartements und Hotelanlagen wohl nie bewohnt werden können. Vielmehr werden sie ungenützt samt Kränen, Baumaterial und Geräten nichts als die Landschaft verunstalten. Aufgrund der Krise ging bekanntermaßen auch in Spanien zahlreichen Firmen das Geld aus, wodurch ihre Baustellen wohl für immer unvollendet bleiben werden.

Wasser für 20.000 Einwohner

Nicht nur Hotelanlagen, sondern auch Golfplätze wurden in den vergangenen Jahren fleißig angelegt - etwa 60 allein in der Region Andalusien. Wobei eine einzige Golfanlage durchschnittlicher Größe ebenso viel Wasser benötigt wie eine Stadt mit 20.000 Einwohnern, wie spätestens seit den Filmen von Erwin Wagenhofer bekannt ist. Da bleibt die Frage, ob diese übertriebene Form des Tourismus in einem ohnehin sehr trockenen Land der Bevölkerung nicht mehr Schaden als Nutzen bringt. Vielerorts nahmen wir deshalb auch Plakate war, auf denen mehr politisches Bemühen für die einheimische Bevölkerung statt für Touristen gefordert wird.

Auch viele Privatstrände an der Costa del Sol stehen nur zahlenden Gästen offen. Diese Anlagen sind komplett eingezäunt und werden bewacht. Aber wirklich bemüht waren die Sicherheitsbeamten von Sotogrande nicht, als wir problemlos das Tor passierten und gemütlich durchspazierten, um uns einen großen Umweg um die Anlage zu ersparen. Erst kurz vor dem anderen Ende wurden wir entdeckt, verwundert kontrolliert, befragt und schließlich aufgefordert, schnellstmöglich zu verschwinden.

Von Gibraltar nach Tanger

Gibraltar ist der Gipfel des Nobeltourismus und Luxuslebens. Schon die gesamte Küste entlang trafen wir massenweise reiche englische Urlauber oder Zuwanderer; Gibraltar ist politisch gesehen britisches Territorium. Wir gingen ganz vor zum Europa Point, verbrachten eine Nacht dort und verabschiedeten uns dann schnell wieder aus der überteuerten Gegend. Nur einen halben Tagesmarsch entfernt lag dann die Hafenstadt Algeciras, wo wir per Schiff endlich nach Afrika übersetzten.

In Nordafrika legten wir im Hafen Tanger-MED an, etwa 50 Kilometer von der eigentlichen Stadt entfernt. Seither sind wir schon über drei Wochen in Marokko unterwegs, um Neues zu erfahren und für uns zu entdecken. Obwohl uns hier viele Menschen unglaublich gelassen und geduldig vorkommen, empfanden wir die erste große marokkanische Stadt als recht hektisch, weshalb wir rasch wieder aufs Land flüchteten. 

Das Leben in der Öffentlichkeit

Doch auch abseits der Städte geht es recht lebhaft zu, mindestens jeder dritte Autofahrer hupt oder winkt uns zu. Neben motorisierten Fahrzeugen sind auch zahlreiche Pferdekutschen, Esel, Kühe und Schafe mit ihren Hirten oder Bauersleuten unterwegs. Kaum jemand will sich ein kurzes Gespräch mit uns wandernden Fremdlingen entgehen lassen. Bei all diesen Unterhaltungen orten wir eine andere, offenere und auch wildere Mentalität.

Die meisten scheinen aber nicht nur an uns hellhaarigen Europäern, sondern generell mehr an den Menschen interessiert zu sein. Außerdem findet das Leben in der Öffentlichkeit statt: auf der Straße, am Feld und grenzenlos überall - was für ein amüsanter Kontrast zu Sotogrande!

Zuerst gewarnt und dann hofiert

Leider sehen wir auch einiges im Lande, das ganz und gar nicht lustig ist. Denn selbst in einem der reichsten Staaten Afrikas herrscht vielerorts bittere Armut. Es gibt Elendsviertel, ein riesiges Müllproblem, Ungerechtigkeit, Diskriminierung und Kriminalität. So stoppten uns eines Abends, als wir einen Weg tiefer ins Hinterland einschlugen, mehrere Anwohner und warnten uns vor dem Weitergehen. Schon in fünf Kilometern würden wir zu hundert Prozent Probleme bekommen, ausgeraubt oder gar verletzt werden, prophezeite uns ein netter Radfahrer.

Daraufhin lud er uns in sein Haus ein, wo wir mit reichlich Essen, interessanten Gesprächen und gutem Schlaf beschenkt wurden. Wir erfuhren viel über das Land und seine Probleme, aber auch über die Religiosität und Gastfreundlichkeit der Leute. Marokko wird für uns also weiterhin spannend bleiben. (Rowin Höfer/Marvin Fritz, derStandard.at, 3.4.2012)