Wien - Immunsuppressiva sind das Mittel der Wahl, wenn Organe nach einer Transplantation Gefahr laufen, abgestoßen zu werden. Die Abstoßreaktion passiert deshalb, weil sich der Empfänger mit einer Immunreaktion gegen das fremde Organ wehrt. Künftig könnten diese Medikamente jedoch nicht mehr nötig sein. Wenn auch Knochenmark des Spenders transplantiert wird, kommt es zu keiner Abwehrreaktion, schreiben Forscher der MedUni Wien in einer Aussendung. Allerdings sei das Verfahren noch mit unerwünschten Nebeneffekten verbunden. Thomas Wekerle von der Universitätsklinik für Chirurgie, der am 1. April die erste Professur für Transplantationsimmunologie an der MedUni Wien angetreten hat, forscht in Knochenmarksmodellen daran, diese Nebenwirkungen zu eliminieren.
Die betroffenen Empfänger müssten nämlich vorher bestrahlt werden und Zytostatika einnehmen, synthetische Substanzen, die das Zellwachstum beziehungsweise die Zellteilung hemmen. Eine Behandlung, die mit Haarausfall, Übelkeit sowie einer Verminderung der weißen und/oder roten Blutkörperchen im Blut einhergehen kann.
Doppeltes Knochenmark unterdrückt Immunabwehr
Die zusätzliche Transplantation von Knochenmark wird "Chimärismus" genannt. Der Begriff kommt von der Chimäre in der griechischen Mythologie, die ein Mischwesen war. Beim Chimärismus haben die Patienten zwei Knochenmarke - ihr eigenes und jenes vom Spender. Wekerle: "Gelingt es, dass sich das fremde Knochenmark einnistet, erkennt der Empfänger das Spenderorgan nicht als fremd. Es erfolgt keine Immunabwehr. Er wird dagegen tolerant." Erste Pilotstudien bei Nierentransplantationen hätten gezeigt, dass diese Methode sehr erfolgversprechend sei.
"Sollte es gelingen, diese Toxizität zu eliminieren, wäre das revolutionär", sagt Wekerle. Die neuesten Forschungsergebnisse lassen hoffen, dass diese Revolution in naher Zukunft passiert. Große Fortschritte in diese Richtung gebe es durch den Einsatz von regulatorischen T-Zellen vom Empfänger. Das sind so genannte Suppressorzellen, ein Subtyp der bekannten T-Zellen. (red, derStandard.at, 2.4.2012)