Großes Aufatmen im christlich-fundamentalistischen Lager: Christoph Schönborns Toleranzgeste, einen schwulen Gemeinderat als kostenlose Arbeitskraft in der Pfarre zu dulden, ist eben nicht als Geste des Respekts zu verstehen, sondern als Ausdruck der moralischen Überlegenheit.

Dass der junge Mann diese Duldung nicht als die Demütigung, die sie ist, erkennt, bleibt zu hoffen. Durch dieses oberflächlich protestantische Verhalten des "Kardinals" (katholische Bezeichnung, Anm.) ändert sich die Position der römisch-katholischen Kirche gegenüber Homosexualität jedenfalls um keine Hostienbreite.

Wie der Vatikan zum Schwulsein steht, kann leicht online im "Katechismus der Katholischen Kirche" (unter anderem auf der Website des Vatikan) nachgelesen werden. Homosexuelle Handlungen "entspringen nicht einer wahren affektiven und geschlechtlichen Ergänzungsbedürftigkeit. Sie sind in keinem Fall zu billigen."

Eine Handlungsanweisung, wie sich gegenüber solchen Menschen zu verhalten ist, wird auch mitgeliefert: "Ihnen ist mit Achtung, Mitleid und Takt zu begegnen."

Nicht selten schleicht sich aber ein kleiner Umlautfehler ein, so dass aus Achtung "Ächtung" wird, vorzugsweise bei jenen Menschen, die auch ein Naheverhältnis zu anderen althergebrachten Schreibweisen haben und sich an "daß" (vs. dass) klammern wie an einen Rosenkranz.

Das alles könnte uns Nichtkatholiken herzlich egal sein, wenn es eine vereinsinterne Angelegenheit der Kirche wäre. Solange der säkulare Staat dieses Wertesystem aber jedes Jahr mit mindestens zwei Milliarden Euro unterstützt, haben wir ein berechtigtes Interesse daran, uns genau anzusehen, was mit diesem Geld passiert.

Es ist beispielsweise nicht einzusehen, dass schwulen- und frauenfeindliche Moral als ein verpflichtend (bis zur aktiven Abmeldung) zu konsumierender Teil unseres Bildungssystems überhaupt toleriert und finanziell unterstützt werden muss. Die Rede ist natürlich vom Religionsunterricht - von der universitären Theologie, die sich Grundprinzipien der Wissenschaftlichkeit überhaupt entzieht, ganz zu schweigen. (Niko Alm, Leserkommentar, derStandard.at, 2.4.2012)