In der südafrikanischen Wonderwerk-Höhle fanden Forscher Spuren von Feuern, die vor einer Milllion Jahren brannten.

Foto: M. Chazan

Die mikroskopisch kleinen Überreste von verbrannten Knochen und pflanzlicher Asche fanden sich in einer Sedimentschicht, die eine Million Jahre alt ist.

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Washington/Wien - Sich das Feuer nutzbar zu machen - es zu entfachen und die Flamme zu bewahren - gehört zu den großen Wendepunkten in der Evolution des Menschen. Die Auswirkungen gingen aber noch weit über die Essenszubereitung hinaus, sagt der kanadische Archäologe Michael Chazan (Universität Toronto): "Rund um ein Lagerfeuer zu sitzen könnte tatsächlich ein entscheidender Aspekt dessen sein, was uns zu Menschen machte.

"Doch wann genau geschah diese Kontrolle des Feuers, die das Kochen und Braten von Fleisch möglich machten, und damit auch zu Veränderungen im Gebiss und Verdauungstrakt unserer Vorfahren führten? Die bisher älteste halbwegs gesicherte Fundstelle mit verbrannten Nahrungsresten liegt im Norden Israels. Für das Feuer dürften, so wird zumindest gemutmaßt, Vertreter von Homo erectus verantwortlich gewesen sein; die Fundstelle wird auf 790.000 Jahre geschätzt.

Nun freilich fand ein Team um Chazan in der Wonderwerk-Höhle in Südafrika mikroskopisch kleine Reste von verbrannten Knochen und pflanzlicher Asche in einer Sedimentschicht, die eine Million Jahre alt ist. Wie die Archäologen aus Kanada, Israel und den USA im Fachblatt "PNAS" schreiben, liefern diese Funde "unzweideutige Beweise" für menschliche Feuer in der Höhle, die um zumindest 200.000, wenn nicht 300.000 Jahre älter sind als alle bisherigen Feuerfunde. 

Extrem lange Besiedlungsgeschichte

Die Wonderwerk-Höhle liegt am Rande der Kalahari-Wüste, wo frühere Ausgrabungen bereits eine extrem lange menschliche Besiedlungsgeschichte zeigen, die zuletzt auch durch Gen-Analysen bestätigt wurden. Die neuen Grabungen, die das Team um Chazan in der riesigen Höhle durchführte, förderte verkohlte Knochenfragmente und die Asche pflanzlicher Überreste zutage, die an Ort und Stelle verbrannt wurden - und nicht nach natürlichen Flächenbränden von Wind in die Höhle getragen wurden.

Zudem entdeckten die Wissenschafter Feuerspuren an weiteren archäologischen Funden wie Eisenerz-Abschlägen, die der altsteinzeitlichen Kultur Acheuleen zugerechnet werden. Analysen ergaben zudem, dass die Knochen und Sedimente nicht heißer als 700 Grad Celsius geworden seien. Das wiederum lasse darauf schließen, dass die Menschen Gräser, Zweige und Blätter als Brennmaterial genutzt haben dürften. Die relativ niedrige Temperatur und das verbrannte Material deuteten zudem darauf hin, dass Menschen das Feuer in der Höhle kontrolliert und erhalten hätten.

Daher wird durch den Fund noch eine weitere These untermauert: Ziemlich sicher habe bereits Homo erectus vor einer Million Jahren erhitzte Nahrung zu sich genommen. Bisher war diese Fähigkeit nur für Homo sapiens und die Neandertaler eindeutig dokumentiert. Mit dem neuen Fund bestätigen sich die Vermutungen, dass bereits Homo erectus kochte und briet. (tasch, DER STANDARD, 3.4.2012)