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Ein Tuareg auf einem Archivbild aus dem Oktober 2011 im Norden von Mali - aktuelle Bilder gibt es keine.

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Bamako/Dakar/Wien - Knapp zwei Wochen nach dem Putsch in Mali hat die Afrikanische Union (AU) am Dienstag Sanktionen gegen die Putschisten beschlossen. Das Militär würde mit dem Staatsstreich vom 22. März den Staat daran hindern, zu einer verfassungsmäßigen Ordnung zurückzukehren. Die Afrikanische Union einigte sich auf "ein Einreiseverbot und das Einfrieren von Vermögenswerten des Führers der Militärjunta und seiner Gefolgschaft mit sofortiger Wirkung", erklärte Ramtane Lamamra, AU-Kommissar für Frieden und Sicherheit, nach einem Treffen der Gemeinschaft in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba.

Auch die Nachbarstaaten des westafrikanischen Landes setzen auf politische und wirtschaftliche Isolation, um eine Machtübergabe an eine zivile Regierung zu erzwingen. Auf ihrem Gipfel im senegalesischen Dakar hatten die Staaten der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas) am späten Montagabend Sanktionen beschlossen: Schließung der Grenzen, Stopp der Finanztransfers, Reiseverbote für die Putschisten. Zudem werde eine Eingreiftruppe in Alarmbereitschaft versetzt.

Auf Antrag Frankreichs wollte sich am Dienstagabend auch der Uno-Sicherheitsrat in New York in einer Dringlichkeitssitzung mit der Lage in Mali befassen. Im Vorfeld hieß es, Paris strebe eine Erklärung des Rates an, welche die Einheit und Integrität des Landes unterstreiche und auch zu einem Ende der Rebellion im Norden des Landes aufrufe.

Die eskalierende Situation in Norden ist sowohl der Hintergrund des Putsches als auch einer der Hauptgründe für die große Nervosität der Nachbarstaaten. Am 22. Februar hatten Soldaten der malischen Armee Präsident Amadou Toumani Touré aus dem Amt vertrieben. Meuternde Armee-Angehörige hatten damit ihrer Frustration Ausdruck verliehen, den schwer bewaffneten Tuareg-Rebellen im Norden (s. Interview) aufgrund mangelnder Ausrüstung nicht gewachsen zu sein.

Einige Beobachter in der Region gehen davon aus, dass der Putsch nicht geplant war, sondern vielmehr spontan zustande gekommen sein könnte. Für diese These spricht auch das Verhalten der Junta, die vor allem aus niedrigrangigen Soldaten besteht: "Die Putschisten sind ziemlich überfordert", sagt Afrika-Experte Denis Tull von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. "Im Moment zeigen sie eine völlige Unfähigkeit, sowohl im Umgang mit der Rebellion als auch mit der Frage, wie es innenpolitisch mit ihnen als Regierung weitergehen soll."

Der Putschisten-Führer Amadou Sanogo, ein Hauptmann, hatte zwar angekündigt, den Ecowas-Forderungen nachzukommen und die Verfassung wieder in Kraft zu setzen. Wann er zurücktreten will und wann es Wahlen geben soll, ist aber noch völlig unklar.

Ihrem Ziel, die Rebellion im Norden zu beenden, sind die meuternden Armee-Angehörigen bisher aber keinen Schritt näher gekommen - im Gegenteil. Die Tuareg und mit ihnen verbündete Gruppen haben alle wichtigen Städte in ihrer Region eingenommen und kontrollieren mittlerweile den gesamten Norden des Landes. Laut UN sind bereits rund 200.000 Menschen auf der Flucht.

Inzwischen mehren sich zudem die Berichte über die Erfolge von Islamisten, allen voran der salafistischen Gruppe Ansar al-Din, die anfänglich an der Seite der Tuareg kämpfte. Sie soll inzwischen ihre vormaligen Verbündeten aus der Stadt Timbuktu vertrieben und dort die Scharia verhängt haben.

Eine weitere Eskalation im Norden Malis wäre aber sowohl für die westafrikanischen Staaten als auch für ihre westlichen Verbündete ein Albtraum. Deshalb, sagt Georg Lennkh, Afrika-Experte im Außenministerium, zielten die Ecowas-Sanktionen nicht nur auf ein Ende des Putsches: "Überziel ist die Stabilität in der Region."

Seit lange schon gilt das Sahara-Zone zwischen Mali, Niger, Algerien und Libyen als Sorgenkind. Durch schwer kontrollierbare Gegend führt eine der Hauptrouten des Drogenhandels. Al-Kaida im Islamischen Maghreb operiert dort und hat immer wieder auch westliche Staatsbürger als Geiseln genommen hat, darunter zwei Österreicher 2008. Von den Islamisten wurden auch die Aufstände in Libyen unterstützt. Lennkh: "Die Salafisten haben mittlerweile einen unheimlichen Einfluss in der Region."

Und so dürfte die Ecowas, meinen Experten, nicht umhin kommen, sich nach einem Ende des Putsches auch um die Situation im Norden zu kümmern. Die Drohung mit einer militärischen Aktion gilt jetzt zwar noch allgemein als Säbelrasseln. Und auch die Ex-Kolonialmacht Frankreich, die in Mali immer noch eine wichtige Rolle spielt, hält sich noch zurück. Das könne sich aber ändern, meinen Beobachter. Vor allem, wenn die Rebellen der Versuchung erlägen, noch weitere Teile des Landes einnehmen zu wollen. (Julia Raabe, DER STANDARD, 04.04.2012)