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Güterverkehr wird kaum kontrolliert und lässt offenbar viel Platz für Spielraum.

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Wien - Die im Visier der Justiz stehende Gartner KG, die Containerzüge der ÖBB-Gütersparte Rail Cargo Austria (RCA) jahrelang überbeladen und so mutmaßlich um hunderttausende Euro an Einnahmen gebracht hat - in internen Quellen wird der potenzielle Schaden auf bis zu 2,6 Millionen Euro taxiert -, wurde von der öffentlichen Hand kräftig gefördert.

Allein für die Anschaffung von Equipment für Kombiverkehr und Containertransporte bekam das Lambacher Speditionsunternehmen in den Jahren bis 2008 insgesamt rund 2,5 Millionen Euro an Förderungen. Genehmigt und ausgezahlt wurden die Subventionen vom Verkehrsministerium, geprüft wurden sie vom ERP-Fonds der staatlichen Förderbank AWS.

2009 wurde dem durch die Wirtschaftskrise unter Druck stehenden Transportunternehmen mit Mitteln aus dem Marco-Polo-Programm der EU zur Förderung des Kombiverkehrs unter die Arme gegriffen, inklusive Landeshaftung über 7,5 Mio. Euro. Dass von dem mit staatlichem Fördergeld bedachten Betrieb mutmaßlich die Staatsbahn ÖBB geschädigt wurde, ist pikant, wird im Ministerium aber nicht kommentiert.

Staatsanwaltschaft ermittelt

Wie berichtet, ermittelt die Staatsanwaltschaft Wels gegen Unternehmenschef Richard Gartner und mindestens drei Angestellte wegen Verdachts des gewerbsmäßigen schweren Betrugs. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Aus Beschuldigten-Einvernahmeprotokollen und Mails zwischen Gartner- und ÖBB/RCA-Mitarbeitern ergibt sich eine Art Sittenbild. Die Indizien, zahlreiche mit der Materie befassten Personen wären über Gewichts- und Frachtbriefmanipulationen lang vor der Strafanzeige durch Waschmittelkonzern Procter&Gamble informiert gewesen, mehren sich. Amtsbekannt wurden die Unregelmäßigkeiten im Mai 2011:

Probewiegungen

Die ÖBB-Spedition Express-Interfracht etwa ließ bereits 2010 Probewiegungen durchführen bei Gartner-Zügen, das belegen E-Mails von Gartner-Prokuristen wie Mitarbeitern diverser RCA-Ableger. Auch Firmenchef Richard Gartner gab bei der Kripo zu Protokoll, dass man die Überladungen erst 2011 - nach der Anzeige von Procter im Mai - abgestellt habe. Bereits im August 2010 wurde Gartner (über einen seiner Mitarbeiter) unter Berufung auf Angaben der RCA-Tochter Intercontainer Austria (ICA) darüber informiert, dass "die Nachbelastung für die überschrittenen Gewichte ca. 1,5 Mio. Euro betrage". Und: "Seitens ICA wurden knapp über 300 Tonnen als festgestelltes Übergewicht mitgeteilt."

Zum Vergleich: Im neuen, im September 2011 in Lambach geschlossenen RCA-Vertrag mit Gartner (bis 2014) wird der (potenzielle) Schaden nicht beziffert, sondern nur Fahrten von Österreich nach Saloniki (und retour) im Volumen von 360.000 Euro, deren Ausfall mit einer ebenso hohen Pönale belegt wurde.

"Die Zahlungen erfolgen in Form eines höheren Transportentgelts, als ursprünglich vereinbart wurde", sagte Gartner aus, der den Vertrag bei seiner Einvernahme im März 2012 als "Generalvergleich" bezeichnete. Das weist die ÖBB vehement zurück. Die Rahmenvereinbarung mit Gartner sei kein Vergleich, man habe auf keinerlei Ansprüche verzichtet, sondern sich dem Straf- bzw. Ermittlungsverfahren gegen Gartner KG und deren Mitarbeiter zur Wahrung ihrer Ansprüche angeschlossen. Die 1,5 Millionen Euro Schaden seien definitiv falsch. Apropos: Einen neuen Vertrag hat RCA mit der Voest - für weitere fünf Jahre werden Transporte über ein Volumen von 375 Millionen Euro abgewickelt. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, 4.4.2012)