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Foto: Archiv
Kein Wunder, dass ihn die Menschen lieben: Risotto ist cremig und weich, sieht toll aus, kann grandios schmecken, macht sich ein paar kulinarisch-physikalische Grundgesetze zu Nutze, um zu einem der supersten "Primi" überhaupt zu werden. Denn so wirklich super cremig mit dem feinen Biss in der Mitte wird's nämlich nur deshalb und nur dann, wenn ordentlich Zwiebel im Spiel ist und dieser schön ausgelaugt wird, und nur dann, wenn der richtige Reis (sehr stärkehaltig, großes Korn, Arborio oder Carnaroli) verwendet wird, und nur dann, wenn mit richtigem und gutem Fond/Suppe gekocht wird, und nur dann, wenn mindestens 20 Minuten gerührt wird.

Aber nein, hierzulande heißt Risotto mittlerweile so ziemlich alles, was aus Reis gemacht wird, und zwar aus jedem Reis und was auch immer. Der Austro-Risotto ist demnach irgendein Reisgericht, das vielleicht mit Safran oder mit Kräutern oder mit Sepiatinte irgendwie zu Farbe kam, und über das dann am Schluss wer Parmesan gebröselt hat, und wenn's ganz schlimm kommt, noch mit Trüffelöl aromatisiert. Gnade! So genannter Risotto ist neben jedem Hühnerschnitzerl, zu jedem geschmorten Fenchel und mittlerweile wahrscheinlich auch schon als Begleiter vom Lammkotelett anzutreffen, was ungefähr so korrekt ist wie Spaghetti zum Steak zu essen, und von allen Risotti, die einem in diesem Land vorgesetzt werden, sind ungefähr nur 0,5% wirklich gut und echt und wahrhaftig.

Aber in Wirklichkeit ist der Risotto auch völlig ungeeignet für die moderne Szenegastronomie, das anspruchsvolle Gericht braucht teure Zutaten, braucht ewig Zeit und permanentes Rühren, braucht genau den richtigen Moment des "Mantecare", also des Versiegelns der Reiskörner mit Butter, um den Garprozess zu unterbrechen, insgesamt also weitaus komplizierter als Rucola mit Billig-Balsamico zu beträufeln, mit gerösteten Pignoli auszustatten und ein paar Kirschtomaten zu drapieren.

Ein weiteres Problem beim Risotto ist natürlich auch, dass ihn jeder anders schätzt, der eine suppiger (ich, zum Beispiel), der andere körniger, dass also somit auch ein technisch korrekter Risotto immer noch geringe Chancen hat, wirklich zu gefallen, aber da kann man dann zumindest darüber diskutieren. Weshalb ich insgesamt dafür plädieren würde, den Risotto in Österreich grundsätzlich von der Karte zu nehmen, beziehungsweise den Koch zuerst eine Risotto-Befähigungs-Prüfung ablegen zu lassen, bevor er die Öffentlichkeit mit seinen Reisbreis konfrontiert. Oder aber, man lässt Österreichs Köche nach wie vor irgendwas zusammenkochen, verbietet ihnen aber die Bezeichnung "der Risotto" und schreibt ihnen vor, ihre Kreationen irgendwie anders zu nennen, zum Beispiel "das Risotto". Ahh, vielleicht ist das der Grund, warum in Österreichs Speisekarten eh fast immer "das Risotto" steht, verstehe ...