China gilt nicht unbedingt als Weintrinkernation. Getrunken wird zwar gerne und viel, nicht unbedingt aber das, was eingeschworene Weinkenner unter "kultiviert" subsumieren. "Gan bei" lautet dabei üblicherweise der Trinkspruch, "auf ex" würde man dazu hierzulande sagen.
Ein Fläschchen Wein pro Mann und Nase wird im Jahr konsumiert. In Österreich sind es rund 30-mal so viele. Trotzdem ist China schon jetzt der fünftgrößte Weinkonsument der Welt. 14 Millionen Hektoliter fließen durch chinesische Kehlen. Eine österreichische Ernte mit durchschnittlich 2,5 Millionen Hektoliter nimmt sich dagegen recht bescheiden aus.
Wachsender Markt
Mit dem wachsenden Wohlstand sollen auch die Weintrinker mehr werden. In sieben Jahren könnten die Chinesen die Franzosen und die Amerikaner überholen und zur größten weinkonsumierenden Nation der Welt aufgestiegen sein. Spätestens dann wollen auch die klassischen Weinnationen schon gut im Land verankert sein. Moët Hennessy etwa, die Tochter des Luxusgüterherstellers LVMH, hat sich mit dem chinesischen Winzerhaus Vats zusammengetan, um am Fuße des Himalaja einen Premiumrotwein zu produzieren.
Grundsätzlich schwören die Chinesen auf französische Weine. Besonders klassische Bordeauxweine stehen hoch im Kurs. Das schlägt sich auch in einer entsprechenden Fälschungsrate nieder. Pro Jahr werden rund drei Millionen Flaschen Lafite-Rothschild verkauft, doch das ehrwürdige Château keltert nur 200.000 Flaschen. Für ein leeres Lafite-Gebinde, so hört man, zahlen Fälscher bis zu 400 Euro.
Veltliner für China
Auch die Österreicher haben in China Ambitionen. Laurenz Maria Moser hat sich mit seiner Firma Laurenz V. zum Ziel gesetzt, dem österreichischen Veltliner zu Weltruhm zu verhelfen. Der Enkel des berühmten Kremser Winzers Lenz Moser hat seine Fühler vor gut fünf Jahren in der aufstrebenden Nation ausgestreckt. Einfach war schon die Kontaktanbahnung nicht, erinnert sich Moser im Gespräch mit derStandard.at: "Die Weingüter waren alle im Internet gelistet. Aber dort anzurufen war unmöglich. Kaum haben wir etwas auf Englisch gesagt, wurde auf der anderen Seite der Hörer wieder aufgelegt." Erst als man sich einen chinesischen Vertrauensmann anlachte, kam die Sache ins Rollen.
Wie viel Geduld für den Kulturaustausch vonnöten war, mag man der Tatsache entnehmen, dass erst jetzt die ersten Früchte der Kooperation mit einem Cabernet und einem Eiswein im heimischen Fachhandel zu haben sind. "Der Cabernet ist ein ehrlicher, schöner chinesischer Rotwein. Aromatisch, kein glatt gestriegelter Zweigelt, unterlegt mit einer autochthonen Sorte namens Cabernet Gernischt", beschreibt der Weinfachmann seinen Schützling.
Potenter Partner
Die Kreuzung zwischen Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc ist mittlerweile nur noch in China heimisch. Gekommen ist sie aus Bordeaux. Schon damals, vor 108 Jahren, hatte mit Freiherr von Babo, dem Leiter der Weinbauschule in Klosterneuburg, ein Österreicher seine Hand im Spiel.
In China hat sich Moser mit der Changyu Pioneer Wine Company westlich von Peking einen potenten Partner gesucht. Der ist nicht nur Weinbauer, sondern auch größter Importeur mit einem beeindruckenden Vertriebs- und Händlernetz: "Diese Firma hat 2.500 Verkäufer in 30 Provinzen." Die Truppe soll nun dem Grünen Veltliner in China auf die Sprünge helfen.
Europas Lebensart
Hohe Qualität zu hohem Preis: Das verbinden Chinas Konsumenten mit europäischen Produkten. Die Verbindung zum Wein sollte da nicht weit sein, ist sich Moser sicher. "Wir sind dort jetzt schon ein absolutes Premiumprodukt. Der Laurenz, der hier zehn Euro kostet, liegt drüben um 25 Euro im Regal." Österreich exportiert derzeit rund 200.000 Liter Wein nach China.
Umgekehrt ist die Sache nicht ganz so aufgelegt. Der Europäer denkt bei China weniger an Originalität denn an Kopien und Billigprodukte. Dass chinesischer Wein auch hier ankommen wird, daran glaubt Moser trotzdem fest: "Wenn wir die Uhr 30 Jahre zurückdrehen, was hat uns Australien gesagt? Nichts. Heute ist Australien etabliert. Bei Chile oder den USA ist es genauso."
In zehn bis 15 Jahren, ist Moser überzeugt, wird chinesischer Wein in Europa eine Selbstverständlichkeit sein. In Belgien und Frankreich wird er schließlich laut Mosers Worten schon jetzt eifrig konsumiert. (Regina Bruckner, 4.4.2012)