Diesmal soll es mit dem Welteroberungsplan besser klappen: Tilo Prückner als Doktor Richter in Timo Vuorensolas Trash-Nazi-Groteske "Iron Sky".

Foto: Einhorn

Wien - In der Schule steht der nur als fünfminütiges Fragment erhaltene Film "Der große Diktator" von Charles Chaplin auf dem Unterrichtsplan. Er zeigt diesen als Adolf Hitler dabei, wie er anmutig tänzelnd mit dem Globus jongliert und damit die wichtigste Botschaft des Nationalsozialismus unterstreicht: "Wir kommen in Frieden!"

Wir schreiben das Jahr 2018. Die besagte deutsche Schule befindet sich auf der Rückseite des Mondes in einem hakenkreuzförmigen Gebäude, in dem mittels Dampfcomputertechnik und des Wundertreibstoffs Helium 3 die lang ersehnte Rückkehr der Herrenrasse auf die Erde vorbereitet wird.

Die Nazis sind gar nicht ausgestorben. Sie haben die Besten ihrer Art dank eines streng geheimen Raumfahrtprogramms 1945 rechtzeitig auf den Mond gerettet. Hier wird ein Invasionskreuzer namens "Götterdämmerung" gebaut, hier werden Zeppeline mit Meteoriten beladen, um mittels eines zweiten Anlaufs den Endsieg zu schaffen.

Mehr oder weniger gelungene Nazisatiren haben in der Popkultur eine lange Tradition. Ernst Lubitschs "Sein oder Nichtsein" oder "Der große Diktator" machten den Anfang. Es folgten deklarierte Trashproduktionen wie "They Saved Hitler's Brain" oder "Ilsa - She Wolf Of The SS". Man kennt unter Wasser in U-Booten lebende SS-Zombies, die auf Südseeinseln auf Kannibalen treffen.

In "Der Untergang" hatte Bruno Ganz nicht ganz freiwillig die Lacher auf seiner Seite. Bei Helge Schneider als "Mein Führer" lachte dann niemand. Nach dem Welterfolg mit "Inglourious Basterds" von Quentin Tarantino setzt nun also der finnische Regisseur Timo Vuorensola auf den komischen Grat zwischen Tabubruch und Geschmacklosigkeit.

Film mit Mitspracherecht

Wir merken schon, der so entstandene Film "Iron Sky" wird seine Erfolge eher im Publikumssegment der Junggesellenfilme als in jenem von Filmpreisjurys feiern. Immerhin verdankt der Film seine Entstehung auch dem Finanzierungsmodell des Crowd Investment.

Fans der Vorgängerarbeit Vuorensolas, dem online millionenfach abgerufenen Trashmanifest "Star Wreck", konnten sich an der Produktion von "Iron Sky" beteiligen. 750.000 Euro kamen so zusammen. Das restliche 7,5-Millionen-Euro-Budget kam aus diversen europäischen Fördertöpfen. Leider beinhaltete dieses Modell auch ein Mitspracherecht beim Drehbuch.

So wird der ohnehin mit Naziklischees gut zugemüllte Film überlastet. Zwischen dem Deutsche-Wochenschau- und Heavy-Metal-Soundtrack der slowenischen Komikeraltspatzen Laibach ("Kameraden, wir kehren heim!") knallen dauernd Sprüche aus der Bud-Spencer- und Arnold-Schwarzenegger-Schule. Das rührt unter anderem daher, dass ausgerechnet ein obercooler US-Austronaut mit Sprechdurchfall die Mondbasis Adolf entdeckt.

US-Präsidentin Sarah Palins Umfragewerte sind im Keller und ihre Wiederwahl ist in Gefahr. Mondmissionen waren vor 40 Jahren ein sicherer Quotenbringer. Deshalb schickt sie in Hinsicht auf die ihr nicht einmal so sehr gewogene afroamerikanische Wählerschaft das schwarze Fotomodel James Washington (Christopher Kirby) mit zum Mond, um dessen dunkle Seite zu erkunden: "Black to the moon!"

Dieser reine Tor wird von den Nazis unter der Führung Wolfgang Kortzfleischs (Udo Kier) und seines intriganten Lieblingsschülers Klaus Adler (Götz Otto) gefangen genommen. Ein Mad Scientist "albinisiert" ihn. Er soll einen auf die Erde entsandten Stoßtrupp beraten, der dort die für den Start der Götterdämmerung dringend benötigte Mobiltelefone beschaffen.

Es folgt das reine Chaos. Klaus Adler rückt zum Berater Sarah Palins auf. Als Kortzfleisch die Nase voll hat und den Angriff auf die Erde befiehlt, ist die US-Präsidentin begeistert. Eine Präsidentin, die Krieg führt, muss nicht wahlkämpfen. Blöderweise geht in Folge die Welt unter. Von der Menschheit bleibt einzig ein versprengtes Häuflein Nazis oben auf dem Mond übrig.

Ein Film mit guten Momenten und einigen kontroversiellen Zynismen zum Thema Menschlichkeit und Fortschritt. Der Weltuntergang war aber auch schon einmal fetziger. (Christian Schachinger, DER STANDARD, 5.4.2012)