Wien - Die mit dem Sparpaket eingepreisten Kürzungen und Verschiebungen im Bahnausbauprogramm bis Ende 2017 sind bei den Budgetzuschüssen kaum spürbar. Der Brennertunnel (BBT) beispielsweise wurde für den Planungszeitraum um 485 Millionen Euro abgespeckt, wird in Summe aber fast unverändert viel kosten: 9,9 Milliarden Euro, wovon 7,9 Mrd. auf die Errichtung (inkl. Risikovorsorgen) entfallen und der Rest auf Finanzierungskosten.
Nur geringe Einsparungen
Zum Vergleich: Bisher wurden die Kosten für die Röhre zwischen Innsbruck und Franzensfeste stets auf zehn Milliarden Euro taxiert. Die "echte Ersparnis" gegenüber früheren Plänen ist also nicht nur haushaltstechnisch verschwindend gering. Sie beträgt beim BBT 124 Millionen Euro, wie man im Verkehrsministerium von Doris Bures (SPÖ) einräumt. Die verbleibenden 361 Mio. Euro sind der "Verschiebung kostenintensiver Bauphasen durch optimierte Projektabwicklung auf Basis neuer Erkundungserkenntnisse" geschuldet. "Der Rest wird natürlich nach der Budgetperiode 2016 wirksam", sagt der im Ministerium für Verkehrsangelegenheiten zuständige Kabinettsmitarbeiter Franz Hammerschmid, um umgehend zu betonen: "Wir bekennen uns zum Bahnausbau, also müssen wir ihn finanzieren."
Ministerium räumt mageren Effekt ein
Weitere 250 Mio. Euro "nachhaltig gespart" würden bei Semmeringtunnel, Güterterminal Inzersdorf und anderen - gemessen an Brenner- und Koralmtunnel - kleineren Projekten gespart."Entlastung und Einsparungen, die in den vergangenen Wochen und Monaten getrommelt wurden, sind eine Chimäre, weil primär budgettechnischer Natur", schäumt Grün-Verkehrssprecherin Gabriela Moser. Das Nach-hinten-Schieben von Ausgaben erspare vorderhand ja nur Zuschüsse aus dem Budget an die ÖBB.
Das bestätigt das Ministerium: Jene für den BBT etwa entfallen heuer und 2013 ganz, um von 2015 bis 2017 von 8,2 auf 38,1 Mio. Euro zu steigen - in Summe um rund 15 Mio. Euro weniger als veranschlagt. Das quasi in Gesetz gegossene Tunnelbauprogramm, das bald im Budgetausschuss debattiert wird, fixiert Budgetbelastungen bis zum Jahr 2066. Es verlangt den Parlamentariern ebenfalls einiges an Vorstellungskraft ab: Denn die Regierung holt sich die Erlaubnis, bis 2017 bis zu 32 Milliarden Euro für Bau und Erhaltung des österreichischen Schienennetzes auszugeben. Davon 26,7 Milliarden Euro sind sogenannte Vorbelastungen für Annuitäten (Kapital- und Zinsendienst plus Vorausvalorisierung der Teuerung) für ÖBB-Bauinvestitionen, die seit 2007 durchgeführt wurden und jene rund zwölf Milliarden Euro, die gemäß dem Ende März vom Ministerrat beschlossenen ÖBB-Rahmenplan 2012-2017 verbaut werden.
Gewaltige Hypothek
Da nicht die Republik, sondern die ÖBB die Schulden aufnimmt, steigen die Finanzverbindlichkeiten des ÖBB-Teilkonzerns Infrastruktur analog von 18,1 auf 27 Milliarden Euro. Alles zusammen stellt eine gewaltige Hypothek dar, die - so der Plan hält - bis 2066 abgetragen wird. Weitere 6,2 Mrd. Euro lässt sich die Regierung bis 2017 für Zuschüsse für Betrieb und Erhaltung des Bahnnetzes genehmigen. Die Spitze des Schuldenbergs ist damit freilich nicht erreicht. Denn das große Ganze, das "Zielnetz 2025+", das der Regierung bahnausbautechnisch vorschwebt, sieht in Summe 56 Milliarden Euro an Investitionen bis 2025/2030 vor. Die Schuldentilgung dafür läuft dann bis 2073. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, 5.4.2012)