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Investoren legen den Euro auf die Waage - und wollen immer weniger Schweizer Franken dafür.

Foto: EPA/Ruetschi Martin

Erstmals seit September 2011 ist der Euro unter die Marke von 1,20 Franken gefallen. Für die Schweizer ist das ein herber Rückschlag, wollten sie diese Marke doch mit aller Macht verteidigen. Der teure Franken macht die Exporte des Landes teurer und schadet der Industrie. Spekulanten haben die Schweizer Notenbank (SNB) geknackt.

Das Aufwerten des Franken ist insofern ein starkes Signal, als die SNB genau das mit Milliarden-Einsätzen verhindern wollte. Sie kauft in regelmäßigen Abständen Euro, um dessen Abwerten gegenüber dem Franken zu verhindern. Dennoch war am Donnerstag ein Euro nur mehr 1,1990 Franken wert. Die Nationalbank hatte 1,20 als absolute Mindestgrenze bezeichnet.

Schweizer geben sich kämpferisch

"Wir sind weiterhin bereit, Fremdwährungen in unbegrenzter Höhe zu kaufen, um dieses Niveau zu verteidigen", sagte ein Sprecher der SNB im Namen des Notenbank-Chefs Thomas Jordan. Peter Rosenstreich von der Swissquote Bank in Genf spricht von einem "Weckruf" für die Nationalbank. "Ihre Glaubwürdigkeit wird in Frage gestellt werden und sie müssen in irgendeiner Art darauf antworten", sagte der Analyst der Nachrichtenagentur Bloomberg. Das ist am Freitag auch passiert, Euro-Stützungskäufe haben die Gemeinschaftswährung wieder auf 1,21 Franken gehoben. Dennoch bahnt sich an, was Rosenstreich einen "Straßenkampf zwischen Zentralbanken und Märkten" nennt.

Teure Exporte und Patriotenrabatt

Die Hoheit über ihren Wechselkurs ist den Schweizern deshalb so wichtig, weil der Franken gegenüber dem Euro im Zuge der Schuldenkrise massiv aufwertete. War ein Euro im September 2010 noch 1,30 Franken wert, waren es im Jahr darauf nur noch 1,10 Euro. Die Schweizer Exporte in den Euroraum wurden dadurch massiv teurer. Viele Firmen begannen daraufhin, ihre Angestellten in Euro zu bezahlen. Auf der anderen Seite zog es viele Schweizer zum Einkaufen in die Nachbarländer Österreich und Deutschland, sie konnten sich plötzlich viel mehr leisten. Das Ganze ging so weit, dass Schweizer Handelsketten von ihren Zulieferern einen Patriotenrabatt verlangten. Günstigere Produkte sollten die Menschen vom Kauf in der Heimat überzeugen.

Endlose Eurokrise

Grund für den Run auf den Franken ist laut Devisenhändlern die Angst vor einer weiteren Eskalation der Eurokrise, nachdem die Zinsaufschläge spanischer und italienischer Staatsanleihen wieder deutlich in die Höhe geschnellt sind (hier die Details). Die Phase rückläufiger Renditen, die durch die "Big Bertha" genannte Banken-Finanzspritze (1.000 Milliarden Euro) von Mario Draghis Europäischer Zentralbank (EZB) ausgelöst worden sei, dürfte zu einem Ende gekommen sein.

Deshalb hat der Euro auch gegenüber anderen Währungen wie dem japanischen Yen verloren. Mit 106,86 Yen landete die Gemeinschaftswährung am Donnerstag auf dem tiefsten Stand seit Anfang März. Am Freitag hat sich die Lage etwas stabilisiert, ein Euro war wieder über 107 Yen wert. Das Drei-Wochen-Tief gegenüber dem Dollar (1,3055) hat sich am Ende der Woche wieder in Richtung 1,307 bewegt.

Stabilisierung hin oder her, nachdem der von der Schweizer Notenbank festgesetzte Wechselkurs zum Euro kurzzeitig unterschritten wurde, stellen sich Kritiker die Frage, wie lange das Institut die Maßnahme noch aufrechterhalten kann. Laut Claude Maurer, Ökonom bei der Credit Suisse in Zürich, hat die SNB auf eine ruhigere Osterwoche gehofft. "Jordans Job wird damit nicht leichter", sagte Mauer. Die Risikoaversion der Menschen habe sich erhöht, die damit den Euro meiden wollen.

Fazit: In den nächsten Monaten wird die SNB alles daransetzen, nicht noch einmal übertölpelt zu werden. (Reuters/clt/sos, derStandard.at, 6.4.2012)