Der "Elefantenrollschuh" passt in (fast) jede Parklücke.

Foto: derStandard.at/Blei

Mitgliedskarte an die Windschutzscheibe halten, und schon öffnen sich die Türen des Wagens.

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Das Wiener Geschäftsgebiet könnte noch erweitert werden.

Screenshot: car2go.com

Seit Anfang Dezember gibt es in Wien einen zweiten Carsharing-Anbieter. Mit car2go drängt auch Daimler auf den Markt und will mit den kleinen Smarts vor allem Personen, die kurze Strecken in der Stadt fahren, ansprechen. Grund genug, mich in solch einen "Elefantenrollschuh" zu begeben und das System zu testen.

Für eine "Member Card" kann man sich sowohl per Internet als auch in der Filiale Hintere Zollamtsstraße im Dritten Wiener Gemeindebezirk anmelden. In beiden Fällen kostet sie 9,90 Euro und ist somit meines Erachtens sehr günstig. Als Dokumente reichen Führerschein und Bankomatkarte. Mit beidem ausgerüstet begebe ich mich in den Shop und treffe auf Juliane Mühling, Sprecherin des Unternehmens und extra aus Deutschland angereist. 

An einem der Computer fülle ich schließlich das Online-Formular aus. In ein paar Schritten und wenigen Minuten ist der Anmeldevorgang auch schon fast abgeschlossen. "Unsere Passwortvorschriften sind sehr streng", sagt Mühling. Das muss nämlich aus Groß- und Kleinbuchstaben sowie Ziffern bestehen. Ist das geschafft, reiht man sich in die Schlange vor dem Schalter ein. Obwohl es früher Nachmittag und das mitten unter der Woche ist, stehen fünf Personen vor mir und warten. "Der Andrang ist auch nach über 100 Tagen noch ungebrochen", erklärt Mühling.

30 Freiminuten inklusive

Der car2go-Mitarbeiter hinter dem Schalter kontrolliert schließlich noch alle eingegeben Daten und händigt sogleich die Mitgliedskarte aus - inklusive 60 Test-Freiminuten (30 Minuten bei regulärer Anmeldung). Doch damit nicht genug, wird mir auch noch erklärt, dass "nicht im Halteverbot geparkt werden darf, auch nicht wenn es temporär ist". Klar, die Autos stehen auch teilweise mehrere Stunden auf demselben Platz.

Außerdem dürfte man mit dem Smart das Geschäftsgebiet in Wien zwar verlassen, doch muss man nach 48 Stunden das Fahrzeug wieder innerhalb der Zone abstellen: Auch in Kurzparkzonen - die Kosten werden nämlich direkt mit der Stadt Wien abgerechnet.

Nicht ganz Wien im Geschäftsgebiet

Das ist für mich leider der erste Haken. Manche Außenbezirke sind nicht Teil des Geschäftsgebietes und somit könnte ich mit dem Smart nicht bis vor meine Haustür in Simmering fahren. Mühling berichtet allerdings, dass diesbezüglich schon viele Anfragen per Facebook eingegangen seien und man sich eine Erweiterung in den nächsten Jahren durchaus vorstellen kann.

Tanken muss man laut Erklärung eigentlich nie. ServicemitarbeiterInnen kümmern sich darum, dass die Fahrzeuge in gutem Zustand sind. Sollte der Tank allerdings einmal weniger als 25 Prozent gefüllt sein, liegt eine Tankkarte im Auto, und man bekommt als Dankeschön für die Umstände 20 Minuten gutgeschrieben.

Reservieren oder spontan fahren

Vor der ersten Ausfahrt mit dem Smart wird man auch noch persönlich durch einen Mitarbeiter eingeschult. Bei mir war es Frau Mühling. Um zu erfahren, wo ein Fahrzeug geparkt ist, kann man sich eine der car2go-Apps für das Smartphone herunterladen und mittels GPS Verfügbarkeiten überprüfen.

Das Auto kann bis zu 15 Minuten vorher reserviert oder spontan in Betrieb genommen werden. "Unser Ziel ist es, dass sich innerhalb von fünf Gehminuten innerhalb des Geschäftsgebietes immer ein Fahrzeug befindet", sagt Mühling. Öffnen lasst sich der Smart dann, wie bei Carsharing, durch das Anhalten der Karte an die Windschutzscheibe.

Sitzt man schließlich im Auto, muss man durch Eingabe des persönlichen Nummerncodes noch einmal bestätigen, dass es sich tatsächlich um einen selbst handelt. Der Bordcomputer überprüft durch Fragestellungen noch einmal den äußeren und inneren Zustand des Autos, und dann geht es schon los. Man kann zwischen automatischer und manueller Schaltung wählen, empfohlen wird allerdings die Automatik. Außerdem verfügt der Smart über eine Start-Stopp-Automatik, die den Motor während längerer Standphasen abstellt.

Kleines Auto = weniger Parkplatzsuchen

Durch die geringe Größe des Wagens gestaltet sich auch die Parkplatzsuche in den inneren Bezirken einfacher als mit Carsharing. Nach nur fünf Minuten ist selbst im ersten Bezirk ein Platz gefunden. Die Miete beendet man wieder durch längeres Anhalten der Karte an die Windschutzscheibe. Erst nach "dem Ausloggen aus dem Fahrzeug" werden auch keine Minuten mehr verrechnet.

Pro gefahrene Minute werden 29 Cent verrechnet, dabei aber maximal 12,90 Euro pro Stunde. Stellt man das Auto allerdings ab und beendet die Miete nicht, werden 9 Cent für die Parkminute verrechnet. Ab dem 21. Kilometer fallen außerdem 29 Cent pro gefahrenen Kilometer an.

Keine Konkurrenz zu anderen Anbietern

Der letztgenannte Tarif schlägt allerdings nur in den seltensten Fällen zu Buche: "Die durchschnittliche Fahrzeit unserer Kunden beträgt zwischen 20 und 40 Minuten", sagt Mühling. Das ist auch der Grund, warum man sich nicht als Konkurrenz zu den anderen Anbietern sieht: "Braucht man ein größeres Auto und für eine längere Strecke, dann bietet sich natürlich Carsharing oder ein anderer Mietwagen an", erklärt Mühling.

Mein Fazit deshalb: Für kurze Strecken ist car2go eine sehr angenehme Alternative zum eigenen Fahrzeug und teilweise sicher auch zu den Öffis. Das Geschäftsgebiet sollte allerdings auf alle Wiener Bezirke ausgedehnt werden. (Bianca Blei, derStandard.at, 9.4.2012)