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Aufnahme aus Homs vom Dienstag.

Foto: Syrian Media Council via AP video/AP/dapd

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Auch dieses Bild ist aktuell.

Foto: REUTERS/Shaam News Network

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Demonstrant am Sonntag in Damaskus.

Foto: Local Coordination Committees in Syria/AP/dapd

Beirut - Kofi Annan, der Beauftragten der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga, glaubt noch an ein Gelingen des von ihm vermittelten UN-Friedensplanes: Die syrische Regierung hatte laut Annan für Dienstag einem Rückzug der Armee aus den Städten zugestimmt, damit binnen 48 Stunden eine Waffenruhe umgesetzt werden kann. Es sei noch zu früh, um seinen Friedensplan und die darin vorgesehene Waffenruhe für gescheitert zu erklären, sagte der frühere UNO-Generalsekretär am Dienstag im türkischen Hatay nach Besuchen in Flüchtlingslagern an der Grenze zu Syrien.

Panzer beschießen Homs

Trotzdem geht der anhaltende Beschuss zweier Protesthochburgen am Dienstag weiter. Beim Bombardement der Stadt Homs seien mindestens 27 Menschen ums Leben gekommen und 70 verletzt worden, die meisten von ihnen Frauen und Kinder, berichteten Oppositionelle. Die Menschen hätten sich in Schulen geflüchtet, doch einige der Gebäude seien getroffen worden. Auch Hama wurde den Angaben zufolge erneut beschossen. Nördlich der Stadt seien vier Menschen bei einem Militäreinsatz in Kafar Seita getötet worden. Sowohl in Homs als auch in Hama seien immer noch Panzer stationiert. Um den Friedensplan des UN-Gesandten Kofi Annan zu erfüllen, muss der syrische Staatschef Bashar al-Assad bis Mitternacht seine Truppen aus den Städten abziehen und den Einsatz schwerer Waffen beenden. Ab Donnerstagmorgen soll dann ein völliger Waffenstillstand herrschen.

Die syrische Opposition werde einen nur teilweisen Waffenstillstand nicht akzeptieren, erklärte die Sprecherin des Syrischen Nationalrats, Basma Kodmani, in Genf. Die Truppen müssten die Gewalt nach dem Friedensplan heute stoppen. Bisher gebe es aber keine Hinweise, dass die Regierung die Soldaten aus den städtischen Gebieten abziehe. Die Festnahmen, die Zerstörung von Häusern sowie der Beschuss durch Panzer und Flugabwehr-Geschütze gehe weiter. Die Freie Syrische Armee der Aufständischen werde weiterkämpfen, wenn Assad seine Truppen und Panzer nicht aus den Städten abziehe, sagte ihr Sprecher Oberst Kassem Saad al-Din.

Große internationale Kritik

Auch Deutschlands Außenminister Guido Westerwelle kritisierte das anhaltende Vorgehen Assads gegen das eigene Volk. "Wir müssen leider feststellen, dass die Gewalt in Syrien trotz internationaler Zusagen nicht abreißt", sagte er. "Ich setze darauf, dass Russland Damaskus deutlich macht, dass ein Ende der Gewalt jetzt erfolgen muss und das Spielen auf Zeit keine Alternative mehr ist." Ein Sprecher des französischen Außenministeriums nannte Aussagen über einen Truppenabzug nach Auswertung von Satellitenbildern eine glatte Lüge.

Russland forderte die syrische Regierung auf, bei der Umsetzung des Friedensplans entschiedener vorzugehen. Zugleich appellierte der russische Außenminister Sergej Lawrow nach einem Treffen mit seinem syrischen Kollegen Walid al-Mualem an die internationalen Staaten, ihren Einfluss bei der syrischen Opposition geltend zu machen und auf einen Waffenstillstand zu dringen. Mualem habe ihm gesagt, die Regierung habe mit der Umsetzung der Forderungen bezüglich der "Anwendung von Waffen" in syrischen Städten begonnen, erklärte Lawrow. Die chinesische Regierung bekräftigte die Hoffnung, die syrische Regierung und Opposition würden den Waffenstillstand sofort einhalten.

Das Verhalten Russlands und Chinas ist entscheidend für die Zukunft des Assad-Regimes, da sie bisher eine scharfe Resolution des Sicherheitsrats gegen die syrische Führung mit ihrem Veto verhindern. Russland ist ein langjähriger Verbündeter und wichtigster Waffenlieferant Syriens. UN-Schätzungen zufolge haben die Truppen Assads seit Beginn des Aufstandes vor gut einem Jahr mehr als 9000 Menschen getötet.

Mualem erklärte unterdessen, die syrische Führung habe bereits einige ihrer Truppen entsprechend dem Friedensplan aus Städten abgezogen. Zugleich stellte der Minister jedoch neue Forderungen. So verlangte er Garantien Annans, dass die bewaffneten Aufständischen die Waffenruhe tatsächlich einhielten. Zudem wolle Syrien ein Mitspracherecht bei der Zusammensetzung der internationalen Beobachtergruppe, die die Umsetzung des Waffenstillstandes überwachen soll. In einem Telefonat habe Annan ihm versichert, dass die Aufständischen nach dem Waffenstillstand entwaffnet würden, sagte Mualem in Moskau.

Annan selbst lehnte Vorbedingungen für die Waffenruhe ab. Zugleich nannte er es zu früh, den Friedensplan für gescheitert zu erklären. Er appellierte an alle Parteien, die Gewalt bis Donnerstag zu stoppen.

Bombardement syrischer Städte hört nicht auf

Das syrische Beobachtungszentrum für Menschenrechte erklärte, es gebe keine klaren Anzeichen für einen Truppenabzug. In der Stadt Deraa, wo der Aufstand ausgebrochen war, hätten sich Regierungstruppen und Oppositionelle Kämpfe geliefert. "Sicherheitskräfte sind überall und es sieht so aus, als seien sie in Schlüsselpositionen verlegt worden", sagte der Ingenieur Najef Hassan. Die Stadt Mara in der Provinz Aleppo im Norden des Landes sei in der Nacht bombardiert worden. Im Damaszener Vorort Duma waren nach Angaben eines Oppositionellen am Dienstagmorgen weiter Panzer am Rande der Stadt zu sehen. Nahe der Wüstenstadt Markada südlich der türkischen Grenze hätten Aufständische sechs Soldaten an zwei Kontrollstellen getötet.

Auch zwischen Syrien und der Türkei, die bereits fast 25.000 syrische Flüchtlinge aufgenommen hat, droht eine Eskalation. Der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan warnte Syrien vor Konsequenzen, falls syrische Soldaten über die Grenze hinweg auf Flüchtlinge schießen würden. Die Türkei werde die nötigen Schritte unternehmen, kündigte Erdogan bei einem Besuch in Peking an, ohne Details zu nennen. Mindestens fünf Menschen, darunter zwei Türken, waren am Montag durch Schüsse von der syrischen Seite der Grenze auf ein Flüchtlingslager in der Türkei verletzt worden. Die Türkei hatte bereits früher signalisiert, dass sie die Hilfe für die syrische Opposition ausbauen und eine Pufferzone zu ihrem Schutz erklären könnte. (Reuters, 10.04.2012)