Wien - Die Zahl der Plätze in Frauenhäusern ist 2011 europaweit etwas gestiegen und beläuft sich aktuell auf rund 28.000 (2010: 27.000). Weiterhin fehlen jedoch laut Angaben von WAVE Network & European Info Centre Against Violence über 52.000 Plätze - auch diese Zahl hat sich verbessert (2010: 59.000). In Österreich sieht die Situation relativ gut aus, hier gibt es 30 Einrichtungen mit 750 Betten. Um die Europa-Vorgabe von einem Platz je 10.000 EinwohnerInnen - und damit 803 in Österreich - fehlen hierzulande nur 53 Plätze, erklärte Projektleiterin Julia Girardi.
"Alte" EU-Länder vorbildlich
Basierend auf der Empfehlung des europäischen Parlaments müssten in 45 europäischen Ländern 82.000 Frauenhaus-Plätze zur Verfügung stehen. Tatsächlich gibt es mit genau 28.358 Betten in 2.349 Einrichtungen jedoch nur rund ein Drittel davon und diese stehen vor allem in den EU-Ländern. Innerhalb der EU verfügen hauptsächlich die "alten" EU-Länder, jene die vor 2004 beigetreten sind, über entsprechende Einrichtungen.
Österreich steht relativ gut da
Mit der Situation in Österreich ist Girardi "relativ zufrieden". Zur Gänze erfüllt bzw. sogar übererfüllt wird die Quote in nur sechs Ländern, nämlich Luxemburg, Liechtenstein, Niederlande, Norwegen, Malta und Slowenien. Deutschland beispielsweise bietet knapp 7.000 Plätze, 1.300 mehr bräuchte es. Im Gegensatz zu Österreich verfügt das Nachbarland über keine Helpline für Betroffene. Österreich zählt hier zum lobenswerten Drittel in Europa, das eine kostenfreie, rund um die Uhr erreichbare Helpline bietet (0800/222-555).
Nur 200 Plätze in Russland
Gar keine Einrichtung für weibliche Gewaltopfer gibt es laut Bericht etwa in Ungarn und Litauen. Eine "katastrophale Versorgung" ortet die Projektleiterin in Osteuropa und Zentralasien sowie in Russland, wo es trotz enormer Größe nur 25 Frauenhäuser mit 200 Betten gebe: "Wir gehen gezielt in diese Region und leisten Aufbauhilfe." So gebe es etwa Trainings im Gesundheitsbereich, um das Bewusstsein für das Thema Gewalt an Frauen zu sensibilisieren. "Das Gesundheitssystem ist ein wichtiger Einstiegspartner in den Ausstieg", erklärte Girardi.
Gewaltprävention immer günstiger
Die Kosten für den Betrieb eines Frauenhausplatzes lassen sich nicht exakt beziffern. Im EU-Raum spricht Girardi aber von maximal 100 Euro pro Nacht, also 36.500 Euro pro Jahr. Tatsächlich schwanken die Kosten sehr. Manche Länder zahlen wesentlich weniger für den Betrieb, auch müssen die Frauen teilweise selbst während des Aufenthalts in der Einrichtung bezahlen. Gewaltprävention koste im Vergleich zur Aufklärung von Gewalttaten und Mordfällen aber "fast nichts", meinte Girardi und betonte, in Zeiten der Krise Betten zu streichen, wie es etwa in Spanien drohe, wäre "ökonomisch blödsinnig".
NAP zu Gewalt an Frauen gefordert
In Österreich steht laut Girardi als nächster Schritt die Umsetzung der ersten Europarats-Konvention gegen Gewalt an Frauen und häusliche Gewalt an: "Unterschrieben wurde sie schon. Jetzt geht es um die Ratifizierung." Dies habe die Türkei als einziges Land bereits erledigt, so die WAVE-Projektleiterin. Sie plädiert auch für die Erstellung eines Nationalen Aktionsplans gegen Gewalt an Frauen in Österreich, denn bisher gebe es in diesem Bereich zwar gute, aber nur einzelne Arbeitsgruppen.
Der Country Report von WAVE wird jährlich erstellt. Der aktuelle Bericht 2011 wird in Kürze veröffentlicht. (APA, 10.4.2012)