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Breivik bei einem Gerichtstermin Anfang Februar dieses Jahres.

Foto: Heiko Junge, Scanpix Norway, File/AP/dapd

Oslo/Stockholm - Der geständige mutmaßliche Massenmörder Anders Behring Breivik ist zurechnungsfähig und könnte somit zu einer Haftstrafe verurteilt werden. Zu dieser Schlussfolgerung kommt das zweite psychiatrische Gutachten, das am Dienstag in Oslo vorgelegt wurde. Die Psychiater Agnar Aspaas und Terje Törrisen widersprechen somit der ersten Expertise, die den Norweger als paranoid schizophren eingestuft und ihm die Zurechnungsfähigkeit bei der Tat am 22. Juli 2011 abgesprochen hatte. Das erste Gutachten hatte heftige Diskussionen in Fachkreisen und bei Überlebenden und Angehörigen der Opfer ausgelöst.

Aspaas und Törrisen betonten am Dienstag vor Journalisten, sie seien sich in ihrer Beurteilung "sicher". Die Zusammenarbeit mit dem Täter, der drei Wochen lang in einem Raum mit Zugang zu Büchern, Fernsehen, Computer und Trainingsgeräten observiert worden war, sei gut gewesen.

Zufrieden mit dem Ergebnis dürfte vor allem Breivik selbst sein. Der 33-Jährige will, dass seine Taten als ideologisch motiviert anerkannt werden. In einem offenen Brief an die Presse hatte er eine Beurteilung als unzurechnungsfähig kürzlich als "ultimative Erniedrigung" bezeichnet.

Das neue Gutachten werde vor Gericht ein wichtiges Beweismittel sein, um ihn als zurechnungsfähig verurteilen zu können, meinte Verteidiger Geir Lippestad. Von Staatsanwalt Svein Holden hieß es, man werde untersuchen, " ob es Anlass für Änderungen in der Beweisführung gibt".

Die Staatsanwaltschaft plädiert auf Unzurechnungsfähigkeit, hat sich aber die Möglichkeit von Änderungen im Laufe des Prozesses, der am Montag beginnt, offen gehalten. In einer Presseerklärung hielt sie fest, dass erst nach abgeschlossener Beweisaufnahme dazu Stellung bezogen werde, ob Breivik zurechnungs- oder unzurechnungsfähig sei. (Anne Rentzsch, DER STANDARD, 11.04.2012)