Zürich – Die Schweizerische Nationalbank (SNB) wird nach den Worten ihres amtierenden Präsidenten Thomas Jordan eine Aufwertung des Franken gegenüber dem Euro weiterhin mit allen Mitteln verhindern. "Die Nationalbank setzt den Mindestkurs mit allen Mitteln durch", sagte Jordan am Dienstag in Zürich. Zweifel seien fehl am Platz. Solche Zweifel waren am Devisenmarkt aufgekommen, nachdem am Gründonnerstag zwischen Banken Devisentransaktionen unterhalb der SNB-Kursgrenze von 1,20 Franken je Euro abgewickelt wurden.

"Markt-Anomalie"

Es habe sich dabei um einige wenige Abschlüsse mit vergleichsweise geringen Volumen gehandelt, erklärte Jordan. Es seien Banken beteiligt gewesen, mit denen die Schweizer Notenbank normalerweise nicht handelt, da keine sogenannten Limitenvereinbarungen bestehen. Es habe sich um eine Markt-Anomalie gehandelt, die angesichts der dezentralen Struktur des Devisenmarktes nie ganz auszuschließen sei und auch wieder vorkommen könnte.

Nach Jordans Worten akzeptiert die SNB weltweit weit über 100 Banken als Gegenparteien. Sie kann mit großen Summen im Devisenmarkt intervenieren. "Seitens der SNB betragen die Handelslimiten einige hundert Milliarden Euro pro Tag", sagte er.

Am Dienstag notierte der Euro wieder knapp unter 1,2030 Franken. Am Donnerstag soll die SNB nach Angaben von Händlern Euro für mehrere Milliarden gekauft haben, um den Kurs wieder über 1,20 Franken zu heben.

Fluch des sicheren Hafens

Die SNB hatte zuletzt wiederholt Probleme, den Wechselkurs zu verteidigen. Während Europa wieder im Alltag der Schuldenkrise anzukommen droht, könnte dem Franken sein Status als Fluchtwährung zum Verhängnis werden. Binnen weniger Tage hat die Schweizer Notenbank es bereits zum zweiten Mal verpasst, ihr Kursziel von 1,20 Franken einzuhalten.

Während am Markt über konzertierte Attacken von Hedgefonds spekuliert wird, halten Analysten eine noch simplere Erklärung für möglich: Europa ist nach einer gefloppten Anleiheauktion in Spanien mit voller Wucht in den Krisenmodus zurück befördert worden. Die Risikoaufschläge für spanische und italienische Schuldverschreibungen ziehen weiter an. Alternativen, die als besonders sicher gelten, werden unterdessen verzweifelt gesucht. Im dünnen Handel vor und während der Osterfeiertage könnte das die Schweizer Währungshüter kalt erwischt haben.

Niedrigere Renditen als Deutschland

Am vergangenen Donnerstag hatten Devisenhändler ihren Augen kaum getraut: Um etwa 11.30 Uhr fiel der Franken wie ein Stein, bis er die Marke von 1,20 Franken unterschritten hatte. Am Ostersonntag, als die meisten europäischen Märkte geschlossen waren, war es im frühen asiatischen Handel erneut soweit. Diesmal sank der Kurs sogar noch etwas tiefer. Zwar dauerte es in beiden Fällen nicht lange, bis die SNB gegensteuerte. Dennoch machten die ersten Ausreißer seit dem 6. September 2011, als die Untergrenze festgelegt wurde, viele Marktbeobachter stutzig.

Die Schweiz leidet am Kapitalmarkt unter ihrer eigenen Attraktivität. Zehnjährige Anleihen des Landes werden aktuell mit Renditen von 0,720 Prozent gehandelt. Zum Vergleich: Selbst das als letzter großer Hort der Euro-Stabilität geltende Deutschland muss mit 1,711 Prozent deutlich mehr bieten.

Doch für die Schweizer Wirtschaft, allen voran für die Exporteure, ist die Beliebtheit bei Anlegern eine Belastung: Der starke Franken verteuert die heimischen Waren im Ausland und bremst so den Außenhandel aus. Die SNB hat ihren Instrumentenkasten weit geöffnet, um sich gegen den Auftrieb der Währung zu stemmen. Nach Zinssenkungen und Erhöhung der Franken-Liquidität folgte im September das Kursziel. (APA, 10.4.2012)