Seit Anfang des Jahres werden inkorrekte Stellenausschreibungen ohne der Angabe eines kollektiv-vertraglichen Mindestgehalts sanktioniert - Ein Schritt Richtung Gleichbehandlung am Gehaltskonto? Vertreter der Branche haben sich zu Wort gemeldet. Eine erste subjektive Zwischenbilanz, ob das neue Gesetz zur Angabe des kollektiv-vertraglichen Mindestgehalts in Stelleninseraten als Mittel taugt, um Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern zu reduzieren.

Elisabeth Weghuber, Secretary Search:

"Leider besteht teilweise nicht die Offenheit, das tatsächliche Gehalt anzugeben: Viele greifen zu Standardsätzen, die nur das kollektiv-vertragliche Mindestgehalt angeben. Das Gesetz wird nicht so eingesetzt, dass es eine Orientierung für Bewerberinnen und Bewerber ist. Zur Gleichstellung trägt es nicht bei."

Foto: Secretary Search

Florens Eblinger, Eblinger & Partner:

"Das würde ich eher mit Vorsicht beantworten - aber es kann nur ein kleiner Baustein sein, der in der Fülle der Bemühungen sicherlich auch einen Schritt in die richtige Richtung führt. Aber immerhin 'ein Baustein'."

Foto: DER STANDARD/Matthias Cremer

Norma Karner, Media4Jobs:

"Die meisten Unternehmen agieren vorsichtig. Sie geben in Stellenanzeigen die untere Gehaltsgrenze an. Das bedeutet, dass nach oben noch relativ viel Spielraum bleibt, der für die individuelle Beurteilung von Qualifikation und Erfahrung des Bewerbers zur Verfügung steht. Wie weit das Frauen oder Männern zu Gute kommt, das entscheidet, wie bisher, der künftige Arbeitgeber."

Foto: Fotostudio Weinwurm/Media4Jobs

Erich Pichorner, Manpower Österreich:

"Wir unterstützen alles, was Diskriminierung bei Gehältern einschränkt. Die Angabe des Mindestgehalts ist kein probates Mittel dazu, weil nicht transparent."

Foto: Manpower Österreich

Helene Czanba, TU Career Center:

"Prinzipiell ist der Versuch, die real existierenden Unterschiede zwischen dem Einkommen von Frauen und Männern zu minimieren, ja sehr begrüßenswert. Die neue gesetzliche Regelung ist jedoch nicht im Geringsten dazu geeignet, irgendeinen positiven Einfluss auf die Einkommensgerechtigkeit zu haben. Es ist eine Augenauswischerei. Unter dem Deckmantel der Gleichbehandlung werden Unternehmen gezwungen, Gehaltsangaben in Stellenanzeigen zu schreiben, die mit der Realität nichts zu tun haben. Im Endeffekt fällt die Entscheidung wie eh und je am Verhandlungstisch - und dort verlieren traditionellerweise immer die Frauen. Gleiches Geld für gleiche Arbeit, das wird noch lange ein Wunschtraum bleiben. Ich glaube nicht, dass Gleichberechtigung durch Gesetze oder Quoten erreicht werden kann."

Foto: TU Wien

Markus Fallenböck, Iventa:

"Das wird die Entwicklung zeigen. Aktuell gibt die überwiegende Anzahl der Kunden das KV-Mindestentgelt an. Es wird sich zeigen, ob - zumindest bei schwer zu besetzenden Positionen - eine Differenzierung über die Gehaltsangabe erfolgen wird. Hier wird es dann spannend, wie der Mitbewerber reagiert und ob ein Wettbewerb um die besten Bewerber zu offensiveren Gehaltsinformationen führt."

Foto: Iventa

Eva Schlader, Dr. Pendl & Dr. Piswanger:

"Als vorsichtige erste Zwischenbilanz lässt sich nicht erkennen, dass bei gehobenen Positionen die Gehaltsangabe ein taugliches Mittel darstellt. Nachdem hauptsächlich Mindestangabe genannt werden mit dem Passus "je nach Qualifikation ist eine Überzahlung möglich", hängt es nach wie vor vom Verhandlungsgeschick und vom Selbstbewusstsein von Frau/Mann ab, welches Gehalt schlussendlich erzielt wird." (mat, om, derStandard.at, 18.4.2012)

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