In beachtlicher Eile hat der Gesetzgeber mit § 25a Außenwirtschaftsgesetz (AWG) im vergangenen Herbst eine neue Genehmigungspflicht für Investitionen in sensiblen Wirtschaftsbereichen eingeführt. Trotz Inkrafttretens des AWG wenige Monate zuvor wurde die Maßnahme ohne vorhergehende Begutachtung im Rahmen des BudgetbegleitG 2012 als erste Novelle eingeführt. In Deutschland gilt eine vergleichbare Regelung seit Jahren.

Unausgesprochen war der Anlass wohl die öffentlich bekundete Absicht des OMV-Großaktionärs Ipic aus Abu Dhabi, seine Beteiligung am Mineralölkonzern deutlich zu erhöhen. Der nächste mögliche Anwendungsfall ließ nicht lange auf sich warten: Seit Oktober 2011 hat eine Investorengruppe sukzessive ein Aktienpaket von derzeit rund 20 Prozent an der Telekom Austria erworben; die Sperrminorität ist in Reichweite und Gespräche über einen möglichen Weiterverkauf an einen strategischen Investor aus Ägypten oder China kein Geheimnis. Der neue § 25a AWG wirft allerdings einige Zweifelsfragen auf.

Wirtschaftsminister zuständig

Zweck der Bestimmung ist der Schutz der inneren und äußeren Sicherheit Österreichs sowie der öffentlichen Ordnung und Sicherheit einschließlich der Daseins- und Krisenvorsorge. Folgerichtig ist das Gesetz insbesondere auf Unternehmen im Bereich von Energieversorgung, Wasserversorgung, Telekommunikation oder Verkehr anwendbar. Adressaten der Genehmigungspflicht sind Drittstaateninvestoren ohne Sitz oder Staatszugehörigkeit in der EU, im EWR oder der Schweiz. Zuständig ist der Wirtschaftsminister; vor Genehmigung einer Investition gilt ein mit gerichtlicher Strafe und Nichtigkeit sanktioniertes Durchführungsverbot.

Auf den ersten Blick ist § 25a AWG ein sinnvolles Instrument des Schutzes österreichischer und europäischer Interessen im Rahmen der einschlägigen EuGH-Rechtsprechung, die Beschränkungen von Grundfreiheiten aufgrund bestimmter übergeordneter Interessen erlaubt.

Erhebliche Fragen ergibt die Strukturierung des Beteiligungserwerbs. Das Gesetz stellt Stimmrechtsanteile von unter 25 Prozent pauschal genehmigungsfrei. Darüber hinaus bleibt aber offen, ob Zukäufe über der Schwelle oder der Abschluss von Syndikatsvereinbarungen (ohne Anteilserwerb) genehmigungspflichtig sind; dies kann angesichts der scharfen Sanktionen wohl nur zu verneinen sein.

Umgehungspotenzial

Wesentliches Unsicherheits- und Umgehungspotenzial birgt auch der personelle Anwendungsbereich. Warum Drittstaateninvestoren bei direkten Erwerbsvorgängen einer Genehmigungspflicht unterliegen, diese bei indirektem Erwerb - etwa über eine Gesellschaft mit Sitz in der EU, dem EWR oder der Schweiz - erst amtswegig angeordnet werden kann, bleibt unklar. Dies gilt insbesondere für nach AWG vorerst nicht einschlägige Erwerbsvorgänge durch einen EU-/EWR-/Schweiz-Erwerber, der erst später unter die Kontrolle eines Drittstaateninvestors gelangt.

Eine bessere Lösung wäre nahe gelegen: Die börserechtlichen Regeln über Beteiligungspublizität enthalten einen erprobten Katalog an Gleichstellungstatbeständen, der etwa auch für Mitteilungs- und Genehmigungspflichten bei Anteilserwerben an Banken und Versicherungen gilt. Ein Verweis des AWG auf das Börsegesetz hätte elegant den Rückgriff auf langjährige Behörden- und Auslegungspraxis erlaubt und würde etwa Treuhandschaften erfassen. Zusammen mit der auch im Kartellrecht geltenden Schwelle von 25 Prozent hätte das einen konsistenteren Regelungsrahmen ergeben als die bestehende Norm. Rechtspolitisch wünschenswert wäre auch ein Antragsrecht auf Feststellungsbescheid (oder Stellungnahme), sodass potenzielle Erwerber ohne formelles Genehmigungsverfahren Gewissheit über die Anwendbarkeit des § 25a AWG auf eine konkrete Transaktion erlangen können.

Spannender wird die Beantwortung der zentralen Frage, wann eine Investition tatsächlich "Interessen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung" gefährdet und zu untersagen ist. Der bloße Befund, dass "die Chinesen" "unsere Telekom" kaufen, wird dafür nicht reichen - vielleicht ist die Frage vom Wirtschaftsminister bald zu beantworten. (Christian Thaler, DER STANDARD, 11.4.2012)