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Ni Yulan auf einem Archivbild aus dem Juni 2010.

Foto: Andy Wong/AP/dapd

Es sind die Nachwirkungen des Arabischen Frühlings, die in China immer wieder neue autoritäre Blüten treiben lassen. Der Künstler Ai Weiwei hatte darunter zu leiden genauso wie der Blogger Ran Yunfei oder der Autor Liu Xianbin. Erwischt hat die harte Hand des kommunistischen Regimes in Peking, die im Frühjahr 2011 die "Jasmin-Bewegung" im eigenen Land gnadenlos unterdrückte, auch Ni Yulan und Dong Jiqin. Die Anwältin und ihr Ehemann wurden im April vergangenen Jahres festgesetzt. Nun erging ein Urteil gegen die Bürgerrechtsaktivisten, das Ni für zwei Jahre und acht Monate und Dong für zwei Jahre hinter Gittern bringt.

Schuldig gesprochen wurden beide wegen Unruhestiftung und Beschädigung fremden Eigentums. Der gehbehinderten Ni wurde zusätzlich die unrechtmäßige Führung des Anwaltstitels zur Last gelegt, deswegen fiel ihre Haftstrafe höher aus.

Als Anwältin war Ni in der Tat seit langem ein Stachel im Fleisch der kommunistischen Kader. Sie setzte sich für die Entrechteten in der chinesischen Gesellschaft ein, in der das Kollektiv alles zählt und der Einzelne, seine Rechte und Interessen nichts.

2002 begann ihr Kampf gegen willkürliche Enteignungen, als ihr eigenes Haus in Peking sequestriert und später demoliert wurde. Obwohl man ihr die Anwaltszulassung entzog, beriet sie weiterhin Opfer des Systems, die unter anderem jahrelang als erniedrigte Petitionäre in Peking campieren und auf ein Fünkchen Gerechtigkeit hoffen.

Mehrfach wurde Ni Yulan dafür festgenommen, vor den als umfassendes Propagandaspektakel durchchoreografierten Olympischen Sommerspielen im Jahr 2008 wurde sie zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt. Im Gefängnis, sagt die Anwältin, sei sie schwer misshandelt und gefoltert worden. Seither ist sie auf einen Rollstuhl und fremde Hilfe angewiesen. Die chinesischen Behörden bestreiten jede Gewalt.

Gegen das Urteil des Pekinger Volksgerichts protestiert neben westlichen Diplomaten, die nicht als Beobachter zu Verhandlungen und Urteilsverkündung zugelassen waren, auch Dong Xuan, die Tochter des Ehepaars. Sie sorgt sich vor allem um die Gesundheit ihrer Eltern. Beide seien abgemagert, ihre Mutter habe sehr schwach gewirkt, sagte sie nach einer kurzen Begegnung.

Ni und Dong haben umgehend Berufung gegen das Urteil eingelegt. Dass dem stattgegeben wird, ist nicht zu erwarten. (Christoph Prantner, DER STANDARD, 11.04.2012)