Wien - Österreich hat heute Anleihen mit dem niedrigsten jeweils gezahlten Zinssatz aufgelegt. So billig habe sich der Staat noch nie refinanziert, das sei "ein gutes Zeichen", sagte der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), Ewald Nowotny, am Dienstag, bei einer Diskussion in Wien.
Der Triple-A-Verlust der Republik Österreich habe sich in dieser Form also "nicht so dramatisch" ausgewirkt, sagte Nowotny. Der Staat Österreich sei in der Lage, sich günstig zu refinanzieren. Nowotny sprach von einem Vertrauensbeweis.
Schon in der Woche nach der Aberkennung des AAA-Ratings habe Österreich im übrigen eine "mehrfach überzeichnete" 50-jährige Anleihe begeben. Das sei ebenfalls schon ein Vertrauenszeichen zu werten gewesen. Die Republik hat am Dienstag wieder Geld aufgenommen. Die Rendite bei der fünfjährigen Anleihe lag bei 1,73 Prozent, also einem Rekordtief, bei zehnjährigen Papieren waren es 2,9 Prozent.
Euro-Ratingagentur
Die Idee, über eine Stiftung eine eigene europäische Ratingagentur aufzuziehen, hielte Nowotny für "interessant". Man dürfe sich aber nicht der Illusion hingeben, dass eine solche europäische Ratingagentur dann plötzlich europafreundliche Stellungnahmen abfassen würde, meinte Nowotny.
Vielleicht aber könnte eine europäische Agentur eine bessere Kenntnis der europäischen Umstände mitbringen, sinnierte der Notenbanker. "Im Prinzip sollte eine europäische Agentur aber nicht anders handeln als eine gut geführte internationale Agentur". Ratingagenturen stünden ja im Wettbewerb zueinander. Nowotny kritisierte erneut die Rolle der US-Agenturen in der Subprime-Krise.
Too big to fail
In der Diskussion verteidigte Nowotny abermals die Beschlüsse, dass systemrelevante Banken nicht fallengelassen werden. Das sei eine der Lehren der Weltwirtschaftskrise der 30er Jahre gewesen. "Da kann das System zusammenbrechen". Damals sei die Krise verschärft worden, als man zuließ, dass Banken reihenweise in Konkurs gingen. Am Problem werde aktuell aber insofern gearbeitet, als künftig die Eigentümer stärker in die Verantwortung genommen werden sollen. Die Großbanken selbst müssen frühzeitig ihre "Testamente" (Living Wills) hinterlassen, was mit ihnen im Ernstfall zu geschehen habe.
Zur von vielen als tot erklärten Finanztransaktionssteuer hätte sich Nowotny mit dem Gedanken anfreunden können, kurzfristige (also öfter stattfindende) Transaktionen höher zu besteuern und damit langfristige Investitionen zu belohnen. Die schwierige Frage sei die Umsetzung. Im Prinzip erfordere dies eine Einführung weltweit. In begrenzten Räumen hält Nowotny eine solche Steuer nicht für aussichtsreich - zumal in Europa der größte Finanzplatz London der größte Gegner einer solchen Steuer ist. Nun gelte es Alternativen zu diskutieren, da seien der Fantasie keine Grenzen gesetzt.
In der Frage von "Eurobonds" sieht Nowotny keine Aussicht auf Realisierung, solange dahinter kein gemeinsames Besteuerungsrecht zur Bedienung dieser gemeinsamen "Staatsanleihen" steht. Da könne man eben nicht den zweiten Schritt vor dem ersten machen. Er, Nowotny, sei seit Jahren aber ein Verfechter einer "stärkeren europäischen Dimension". (APA, 10.4.2012)