Hamburg - Die deutsche Wirtschaft hat das Jahr 2003 endgültig abgeschrieben: Angesichts schwacher Konjunkturprognosen schrauben die Unternehmen einer DIHK-Umfrage zufolge ihre Geschäftserwartungen auf den niedrigsten Stand seit zehn Jahren herunter.

Das Hamburgische Welt-Wirtschafts-Archiv (HWWA), eines der sechs führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute, senkte am Dienstag zudem seine Wachstumsprognose für 2003 von zuvor 0,7 auf 0,0 Prozent. Dennoch blickt das HWWA aber so hoffnungsvoll wie lange nicht in die Zukunft und sieht gute Chancen für einen Aufschwung.

Der deutsche Wirtschaftsminister Wolfgang Clement schloss in einem Interview nicht aus, dass die deutsche Regierung ihre Wachstumsprognose erneut senken muss.

"Die Voraussetzungen für einen Aufschwung sind gut", sagte HWWA-Präsident Thomas Straubhaar. Die Rahmenbedingungen hätten sich seit Beginn des Jahres deutlich verbessert. Den optimistischen Ausblick begründete Straubhaar vor allem mit den niedrigen Preissteigerungen, der bevorstehenden Konjunkturerholung in den USA sowie den zinsgünstigen Krediten in Europa. Auch bei einer Belebung der Weltkonjunktur rechnet das HWWA für 2004 aber nur mit einem Wachstum von 1,5 Prozent und weiter steigender Arbeitslosigkeit.

In der Frühjahrsumfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) erwarteten lediglich 17 Prozent der mehr als 21.000 befragten Unternehmen bessere Geschäfte. Dagegen seien aber 42 Prozent skeptisch, sagte DIHK-Geschäftsführer Martin Wansleben. Die Unternehmen seien vor allem wegen der rückläufigen Exporte besorgt. Diese führen sie auf die flaue Weltkonjunktur und den Anstieg des Euro-Außenwertes zurück. Der DIHK rechnet im laufenden Jahr ebenfalls mit Stagnation der wirtschaftlichen Leistung.

Insgesamt gehen der DIHK-Umfrage zufolge lediglich 27 Prozent der Unternehmen von einer positiven Entwicklung ihrer Exporte aus, das sind gut 10 Prozentpunkte weniger als im Vorjahr. Gleichzeitig stieg der Anteil derjenigen, die von geringeren Exporten ausgehen, auf 20 Prozent. 2002 waren es nur 11 Prozent. Lediglich die Exportaussichten für China und die osteuropäischen EU-Beitrittsländer wurden zuversichtlicher bewertet.

Beim Inlandsgeschäft sind laut DIHK "zaghafte Stabilisierungstendenzen" zu erkennen. "Das Inlandsgeschäft dürfte sich nicht mehr so ungünstig entwickeln, wie noch zu Jahresanfang befürchtet", sagte Wansleben. Dies gelte auch für die Investitionen, die aber weiterhin auf niedrigem Niveau lägen. Angesichts der tiefen Verunsicherung der deutschen Unternehmen und Konsumenten sei es dringend geboten, dass die Politik notwendige Reformen umsetze, sagte Wansleben. Er forderte noch vor der Sommerpause "klare Signale" in diese Richtung.

Auf diesem Feld der politischen Reformen hofft das HWWA auf Paketlösungen, die sowohl Steuer- und Abgabensenkungen als auch Subventionsabbau und die Reform der Sozialsysteme umfassen. Eine vorgezogene Steuerreform müsse mit Subventionskürzungen und Ausgabensenkungen gegenfinanziert werden, nicht durch neue Schulden, sagte Straubhaar. "Dann ist der kurzfristige konjunkturelle Effekt zwar geringer, die nachhaltige Wirkung aber um so größer." Er sprach sich erneut für einen durchgreifenden flächendeckenden Abbau von Subventionen um zehn Prozent und deren zeitliche Befristung aus. Dabei dürfe kein Bereich ausgenommen bleiben. "Es gibt keine guten und schlechten Subventionen."

In der ersten Jahreshälfte 2003 wird nach Ansicht des HWWA-Konjunkturforschers Eckhardt Wohlers das Kriterium für eine Rezession formal erneut erfüllt sein: "Der Rückgang der Wirtschaftsleistung wird aber so gering sein, dass man besser von einer anhaltenden Stagnation sprechen sollte."

Die Aussichten für den Arbeitsmarkt trüben sich derweil weiter ein. Laut Umfrage rechnen deutsche Unternehmen für das dritte Quartal 2003 mit einem weiteren Rückgang der Beschäftigtenzahl. Laut dem erstmals veröffentlichten Arbeitsmarktbarometer des Personaldienstleisters Manpower beabsichtigen nur 9 Prozent der Firmen, neue Mitarbeiter einzustellen, 19 Prozent erwarten dagegen einen Rückgang des Personals. Die Mehrheit (72 Prozent) rechnet den Angaben zufolge mit keiner Veränderung. (APA/dpa/AP)