Anfang des Jahres setzte er zum Sturmlauf ins Elysée an. Jetzt vollzieht der ehemalige Fußballstar Eric Cantona einen fliegenden Wechsel von der Wahl- zu einer lukrativeren Werbekampagne.
Selbst seine hartgesottesten Fans wurden auf dem falschen Fuß erwischt: The King, wie man ihn bei Manchester United nur nannte, taucht medial betrachtet wieder einmal dort auf, wo man ihn am wenigsten erwartet hätte. Im Januar hatte das Enfant Terrible des französischen und britischen Fussballs wieder einmal seine soziale Ader unter Beweis gestellt: Mit einem flammenden Appell stieg Eric Cantona für die französische Wohnstiftung Abbé-Pierre in das Präsidentschaftsrennen ein, und wortreich erklärte er die Wohnungsmisere in seinem Land zum nationalen Skandal; um die öffentliche Aufmerksamkeit darauf zu lenken, ersuchte er die Bürgermeister, ihm die nötigen 500 Unterschriften für eine offizielle Kandidatur zu schicken.
Dann war Pause. Als die Kandidaten wieder auf dem Spielfeld waren, hatten nur deren zehn die 500 Unterschriften beisammen - vom elften Mann, dem Kandidaten Cantona, fehlte jede Spur. Nicht nur die Welt des runden Leders fragte sich: Sollte seine Mission für die Obdachlosen etwa mit einem ähnlichen Fiasko enden wie ein Jahr zuvor Cantonas Appell an alle Weltenbürger, ihre Bankkonten zu leeren, um das internationale Finanzsystem aus den Grundfesten zu heben?
Zu Cantonas Verteidigung ist zu sagen, dass er von Anfang angedeutet hatte, er habe als Sozialrevolutionär nicht wirklich vor, jemals ins gold- und purpurverzierte Elysée einzuziehen. Und dem Thema Wohnungsnot verschaffter immerhin eine gewisse Publicity.
Zum Ende des Wahlkampfes macht der 45-jährige Südfranzose aber nur noch Werbung für eine biedere Kleiderfirma.
In dem Spot sieht man ihn zusammen mit seiner Frau Rachida Brakni, Schauspielerin wie er. Viele Franzosen, die "Canto" gerne die Stimme an der Wahlurne gegeben hätten, sind aber doch enttäuscht. Vereinzelt heisst es, der Sozialaktivist solle die Einnahmen aus der Werbekampagne gefälligst der Abbé-Pierre-Stiftung spenden. Doch das wäre vielleicht zu politisch korrekt - für einen Revolutionär seines Temperamentes.
(derStandard.at, 11.4.2012)