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Foto: REUTERS/John Javellana

Berlin - "Offensichtlich schlagen sich Menschen im Alltag mit anderen Konflikten herum als denen, die in den Medien diskutiert werden." Das folgert der deutsche Soziologe Merlin Schaeffer aus einer Studie, von der das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung berichtet. Ethnische Zugehörigkeit scheint nämlich nur ein untergeordneter Faktor zu sein, wenn es darum geht, welche Nachbarn man als störend empfindet. Altersunterschiede scheinen da schon eher eine Rolle zu spielen.

Die Datenerhebung

Schaeffer hat für seine in der Zeitschrift "Ethnic and Racial Studies" erschienene Analyse rund 4.600 Telefoninterviews mit Deutschen ohne Migrationshintergrund durchgeführt. Die Frage, für die keine Vorauswahl an Antworten vorgegeben war, lautete: "Welche Gruppen von Menschen sind hauptsächlich für Probleme in Ihrer Nachbarschaft verantwortlich?" Als Hauptstörenfriede ergaben sich dabei "Trinker", "alte Menschen" und vor allem "Jugendliche", letztere mit 23 Prozent die meistgenannte Gruppe.

Nur etwa 13 Prozent der Nennungen entfielen auf ethnische Kategorien wie "Türken", "Ausländer" oder "Aussiedler". Auch hier ein interessantes Detail: Die Trennlinie zogen die Befragten offenbar bei der Nationalität, nicht etwa bei der Religion - ganz anders als in der öffentlichen politischen Diskussion über Muslime in Deutschland. 

"Gewöhnungseffekt"

Ob Menschen Nachbarschaftsprobleme ethnischen Minderheiten zuschreiben, hängt laut dem Wissenschaftszentrum nicht nur von individuellen Neigungen, sondern auch vom sozialen Umfeld ab: Nimmt die Arbeitslosigkeit vor Ort zu, werden verstärkt ethnische Minderheiten für Probleme verantwortlich gemacht. Dies zeigt sich insbesondere dort, wo die Arbeitslosigkeit seit Jahren anhaltend hoch ist.

Die Tendenz, Konfliktlinien entlang ethnischer Grenzen zu ziehen, wird außerdem von der Bevölkerungsstruktur beeinflusst. Je mehr Ausländer in einem Gebiet wohnen, desto häufiger werden sie als Verursacher von Problemen angesehen. Das gilt jedoch nur bis zu einem bestimmten Punkt: Die Wende liegt bei etwa 20 Prozent - ab hier nimmt die negative Wahrnehmung der Fremden nicht weiter zu, eine Art "Gewöhnungseffekt" scheint einzutreten. (red, derstandard.at, 14.4.2012)